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Frank Stronach präsentierte sich an der Uni Graz als "Revoluzzer". Er finanziert dort eine Forschungsgruppe für gesellschaftspolitische Fragen mit 200.000 Euro für zwei Jahre.

Foto: reuters/Cassese

Graz - Frank Stronach ruft zu einer sanften Revolution auf. Von Österreich aus solle "ein europäischer Frühling" beginnen, um einer "zerstörenden Revolution zuvorzukommen". Er wäre bereit, dafür auch in die Tasche zu greifen und die Gründung einer neuen jungen Partei finanziell zu ermöglichen, sagte Stronach Mittwochabend bei einem Vortrag an der Universität Graz, wo er eine Forschungsgruppe zum Thema gesellschaftliche Reformen sponsert. Stronach sagte zu den Studierenden im Auditorium: "Ihr habt neue Möglichkeiten durch die elektronische Vernetzung. Wenn ihr eine Idee habt für eine Partei, wenn das zivilisiert ist, würde ich da sehr viel Geld reingeben. Das ist euer Land, ihr müsst es in die Hand nehmen."

Die momentan am Ruder stehenden Politiker in Österreich seien nicht mehr in der Lage, etwas zu ändern, sie seien "in ihrem eigene System gefangen". Er sei nicht ganz überzeugt, ob sie überhaupt fähig wären, "einen Greißlerladen" zu führen.

Bankenopfer Griechenland

Der Gründer des weltweit 100.000 Mitarbeiter zählenden Autozulieferers Magna will Österreich radikal verändern und von den Schulden befreien: "Die zehn Milliarden Euro, die jährlich an Zinsen zu zahlen sind, was könnte man damit nicht alles machen in der Wissenschaft und Forschung?" Sollte die Regierung nicht umgehend etwas gegen die Schuldenlast unternehmen, stünde Österreich bald in einer Reihe mit Griechenland. "Wir haben unseren guten Lebensstandard auf Schulden aufgebaut", sagte Stronach, "darüber müssen wir nachdenken, sonst wird die Tragödie noch schlimmer als in Griechenland." Wiewohl Griechenland eigentlich ein Opfer der Banken sei, "die haben Griechenland hineingetrieben".

Um die Vermögenssituation der Bevölkerung zu heben, soll nach Meinung Stronachs "gesetzlich in der Verfassung" verankert werden, dass Mitarbeiter in großen Unternehmen "mindestens mit zehn Prozent" am Profit des Betriebes beteiligt werden müssen. Entweder in Cash oder in Form von Aktienbeteiligungen. Stronach: "Wichtig ist, dass keine Kluft zwischen Kapital und Arbeit entsteht. Arbeiter haben das moralische Recht auf einen Teil des Profites." Bei Magna sei dies "gesetzlich" geregelt.

Grundsätzlich verändert werden müsse in Österreich das Steuersystem. Es sei zu kompliziert, eine Steuererklärung müsste "eigentlich auf einer Postkarte Platz haben". Zudem: Unternehmen, die ihren Profit in Österreich investieren, sollten "keine Steuern zahlen müssen". Das österreichische Steuersystem solle jedenfalls vereinfacht und auf ein Flat- Tax-Modell umgestellt werden. Beginnend mit 35 Prozent sollen im Laufe der Jahre am Ende nur noch 15 Prozent Steuern zu zahlen sein. Einkommensbezieher unter 20.000 Euro sollten von Steuerzahlungen befreit werden.

Wobei Stronach überzeugt ist, dass dann ohnehin nicht mehr in Euro gezahlt werde. Diese junge Währung werde nicht sehr alt werden, glaubt Stronach: "Ich habe schon immer gesagt, dass der Euro eine Missgeburt ist, er wird sich in ein, zwei Jahren von selbst eliminieren. Die Währungsunion war ein großer Fehler."

Er sei der Meinung, dass eine Wiedereinführung der alten Währungen die europäischen Länder ökonomisch wieder stärken würde. Was Stronach nicht dezidiert aussprach, aber die Folge wäre, dass auch Österreich natürlich wieder zum Schilling zurückkehren würde.

Kein Cent für Wirtshaussitzer

Wenig hält der vor Jahrzehnten nach Kanada ausgewanderte Steirer davon, dass europäische Länder andere, marode Mitgliedstaaten unter die Arme greifen. Stronach rustikal: "Ein Bauer wird seinem Nachbar helfen, wenn es ein Unwetter gab, aber er wird einem Bauern sicher nicht helfen, wenn der nur im Wirtshaus sitzt." (Walter Müller, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.11.2011)