Was Barack Obama nun öffentlich aussprach, zeichnet sich schon seit Beginn seiner Amtszeit ab: Denn damals, vor beinahe drei Jahren, unternahm seine Außenministerin Hillary Clinton ihre erste Auslandsreise nach Asien und nicht nach Europa. Washington wollte die Symbolik damals nicht überinterpretiert wissen, und dennoch war klar, dass sich die Amerikaner in ihrem nüchternen politischen Kosten-Nutzen-Kalkül auf das heraufdräuende "pazifische Jahrhundert" einzustellen begannen.

Dabei geht es Washington nicht nur um eine Begrenzung der politisch-militärischen Ambitionen des aufstrebenden Rivalen China. Die USA rechnen auch mit Prognosen, die eine Verschiebung der weltweiten Wirtschaftsleistung in die Region vorhersagen. Bis 2050 soll knapp die Hälfte des weltweiten BIPs in Asien erwirtschaftet werden - ein Wert, der übrigens schon vor etwa 200 Jahren, vor der industriellen Revolution in Europa, erreicht wurde.

Europa hat für die USA deutlich an Bedeutung verloren, auch wenn der Präsident so nobel ist, das nicht öffentlich zu sagen. Der alte Alliierte ist sicherheitspolitisch uninteressant geworden, befindet sich ökonomisch wie demografisch auf Schrumpfstufe und ist viel zu sehr mit den Unzulänglichkeiten seiner Union befasst, als dass ihn die Planer in Washington noch ernst nehmen könnten. Die Transpazifiker haben den Transatlantikern den Rang abgelaufen. Das müssen nun auch die Letzten in Europa realisieren. (DER STANDARD-Printausgabe, 18.11.2011)