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Neuer Superminister in Rom: der Ex-Banker Corrado Passera.

Foto: AP/Bruno

"Wir sind nicht Griechenland, wir müssen uns selbst retten." Als Corrado Passera sich vergangene Woche zur Schuldenkrise Italiens äußerte, konnte er noch nicht ahnen, dass die Erledigung der Aufgaben ihm selbst anvertraut werden würde. Als Superminister für Industrie, Infrastrukturen und Verkehr soll er seinem Land nun aus seiner bisher schwersten Krise helfen.

In der Sanierung angeschlagener Firmen sah der 58-jährige aus Como schon immer eine Herausforderung, ob bei der Post oder der Alitalia. In 30 Jahren hat der Absolvent der Mailänder Wirtschaftsuniversität Bocconi mit US-amerikanischem MBA in fast allen Wirtschaftssektoren gearbeitet. Über Jahre amtierte er als Chef der Verlagsgruppe Espresso-La Repubblica. Der smarte Manager und "harte Idealist" gilt als Mann der Visionen, "mit dem Herz in der Mitte und dem Blick nach links". Der überzeugte Katholik ist Sympathisant des Partito Democratico, an dessen Vorwahlen er sich stets beteiligt.

Einer seiner Sanierungsfälle war die Banca Intesa, ein aus der Fusion von drei kleineren Banken entstandenes Sammelsurium ohne eigene Identität. Als Passera die Bank 2002 übernahm, schweißte er das Ganze zusammen. Dann rationalisierte der ehemalige McKinsey-Mann den Betrieb, expandierte nach Osteuropa, investierte ins Humankapital. Nach seinem Motto "Wachstum kann überall entstehen" fusionierte er mit dem Banco San Paolo und schuf damit Italiens zweitgrößte Bank mit sechs Millionen Kunden und 2000 Filialen.

Der stets bescheiden gebliebene Familienvater lässt sich fast täglich von seinen vier Kindern in langen Telefonaten ihre Erlebnisse und ihren Schulalltag schildern. Ihn von einem einmal eingeschlagenen Kurs abzubringen ist ein schwieriges Unterfangen.

Einen großen Rivalen hat Passera indes ausgestochen: Ex-UniCredit-Chef Alessandro Profumo war sein Gegenspieler. Die Büros der beiden lagen in Mailand nur wenige hundert Meter voneinander entfernt. Beide sind gleich alt, studierten an der Bocconi, begannen ihre Karriere bei McKinsey und lieferten sich stets ein Fernduell. Durch geschicktes Taktieren hat sich Passera die Mächtigen des Landes zu Freunden gemacht. Bei einem funktionierte das nicht. Silvio Berlusconi legte der Manager letzthin den Rücktritt nahe. Jetzt hat der Top-Manager erneut Gelegenheit, seine Fähigkeit als Sanierer unter Beweis zu stellen - im maroden Großbetrieb Italien. (DER STANDARD Printausgabe, 17.11.2011)