Wien - Der Volksanwaltschaft stehe "die größte Änderung seit ihrer Gründung" bevor, sagt deren Sprecherin, Ex-ÖVP-Nationalratsabgeordnete Gertrude Brinek: Am Dienstag wurde im Ministerrat jenes Verfassungsgesetz beschlossen, mit dem das Fakultativprotokoll der Uno gegen Folter (Opcat) in Österreich umgesetzt wird.

Damit rückt die Metamorphose der Beschwerdestelle für Missständen in der Verwaltung einen Schritt näher: Mitte 2012 soll die Volksanwaltschaft zur zentralen Menschenrechtsüberprüfungseinrichtung Österreichs werden, mit Berichtspflicht zur Uno nach Genf und Kompetenzen für unangemeldete Inspektion an sämtlichen Orten, wo Menschen festgehalten werden: in allen Gefängnissen, Polizeianhaltestellen, Psychiatrien und Pflegeheimen.

Die Pflegeheime, so Brinek, stellten personell die größte Anforderung dar. Für die neu zu gründenden sechs Besuchskommissionen - sie ergänzen jene des Menschenrechtsbeirats, der aus dem Innenministerium ebenfalls zur Volksanwaltschaft übersiedelt - werde man entsprechend fachlich versierte Mitglieder suchen.

Die Ausschreibungen für rund 40 (Neben-)Jobs sollen im Jänner starten: Den neuen Besuchskommissionsmitgliedern winken keine Gehälter, sondern nur Aufwandsentschädigungen. Das Budget der Volksanwaltschaft neu wird mit rund 2,5 Millionen Euro pro Jahr beziffert.

"Fast vorbildliches" Gesetz

"Das Gesetz für die Volksanwaltschaft neu ist fast vorbildlich", lobt Manfred Nowak vom Wiener Ludwig-Boltzmann-Institut für Menschenrechte. Umso ärgerlicher sei angesichts dessen "der weiter vorgesehene parteipolitische Bestellungsmodus der Volksanwälte als deren Leiter".

Seit den 1970er-Jahren haben die drei mandatstärksten Parteien im Nationalrat dazu das Recht. Die Anwälte können dann sechs Jahre lang nicht abgesetzt werden. "Mit der Aufwertung der Volksanwaltschaft werden die parteipolitischen Begehrlichkeiten noch stärker werden", prophezeit Nowak. Der derzeitige Auswahlmodus sei "schlicht völkerrechtswidrig".

Auch Alev Korun von den Grünen sieht dringenden Änderungsbedarf: "Es muss ein über Parteien und Parlament hinausgehendes objektives Auswahlverfahren sowie Qualifikationskriterien für die neuen Volksanwälte geben." (Irene Brickner, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.11.2011)