Die Krise, ja die Krise: Durch das Öffnen der Geldschleusen hat die Republik einen tieferen Konjunkturabsturz verhindert, dafür musste ein höheres Defizit in Kauf genommen werden. Diese These ist zwar unbestritten, allerdings gilt sie spätestens seit dem Vorjahr nicht mehr. Dank einer kräftigen Erholung haben die gesamtstaatlichen Einnahmen schon 2010 den Stand von 2008 überschritten. Immerhin 137 Milliarden kassierten Bund, Sozialversicherungen und andere Gebietskörperschaften im Vorjahr.

Selbst im Krisenjahr 2009 war der Rückgang bei den Einnahmen mit ganzen zwei Prozent überschaubar. Bei den Sozialbeiträgen für Krankenkasse, Pensions- oder Arbeitslosenversicherung kam es übrigens zu gar keinem Rückgang. Dank der bis zuletzt guten Konjunktur werden die Gesamteinnahmen die Marke von 140 Milliarden Euro locker knacken. Während die Einnahmenseite die Krise also gut verdaut hat, geht die Ausgabenseite durch die Decke und sorgt für nachhaltig saftige Defizite. Interessant dabei erscheint, dass die Dynamik - unabhängig von der Konjunktur - immer die gleiche ist: Im Hochkonjunkturjahr 2008 wurden gegenüber 2007 ebenso um sechs Milliarden mehr verteilt wie im Krisenjahr 2009 gegenüber der Vorperiode. Und mit knapp fünf Milliarden Euro legten die Ausgaben 2010 - bei wieder guten Wirtschaftsdaten - erneut in einer ähnlichen Größenordnung zu. Das legt den Schluss nahe, dass sich verschiedene Ausgabenkategorien der Republik automatisch nach oben entwickeln.

Genau so ist es auch. Seit 2007 sind die Sozialausgaben um zehn Milliarden Euro gestiegen, und auch die Personalkosten legen trotz angeblichen Sparkurses im gleichen Verhältnis zu. Daran wird sich in der Zukunft nichts ändern, im Gegenteil: Der Budgetzuschuss zum Pensionssystem wird im Jahr 2014 nicht wie bisher geschätzt 9,53 Milliarden Euro ausmachen, sondern 11,25 Milliarden Euro, ist dem (gesetzlich verankerten) Bundesfinanzrahmen zu entnehmen.

Eine weitere Zunahme ergibt sich bei den Pensionen im öffentlichen Dienst, bei denen sich die Hacklerregelung ebenfalls als teure Angelegenheit erweist: Die Ausgaben mussten von 8,46 auf 8,91 Milliarden Euro korrigiert werden, obwohl laut Beteuerungen der Regierung mit den Beschlüssen Ende 2010 kräftig gegengesteuert wird. Auch die Familienausgaben wachsen kräftig, weshalb die Regierung das Defizit nicht in den Griff bekommt. Trotz sprudelnder Einnahmen. (as, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.11.2011)