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Üblicherweise nehmen die Ratingagenturen vor allem die Krisenländer in die Zange. Jetzt ist es umgekehrt.

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Brüssel - Die EU-Kommission will die Macht der Ratingagenturen brechen, deren Herabstufungen von Euro-Ländern wiederholt zu den Turbulenzen in der Schuldenkrise beigetragen haben. Der zuständige EU-Kommissar Michel Barnier legt am Dienstagnachmittag in Straßburg entsprechende Vorschläge vor. Geplant ist unter anderem, dass die Ratingagenturen bei schweren Fehlern für die Schäden von Investoren haften müssen.

Die neuen Regeln sollen die Abhängigkeit von den Ratings reduzieren, den Wettbewerb erhöhen und die Transparenz verbessern. In einem Interview mit dem französischen Radiosender BMF kündigte Barnier am Montag an, dass die europäische Wertpapieraufsicht ESMA den Ratingagenturen die Benotung von Ländern für eine bestimmte Zeit verbieten können soll, wenn diese Hilfskredite von Euro-Ländern und Internationalem Währungsfonds (IWF) erhalten. Dieser Vorschlag war Medienberichten zufolge jedoch bis zuletzt in der EU-Kommission umstritten. Möglicherweise muss Barnier darauf verzichten.

In den vergangenen Monaten hatten die großen Ratingagenturen immer wieder Unmut auf sich gezogen, da sie in heiklen Situationen die Kreditwürdigkeit von Ländern wie Griechenland herabstuften. Durch eine schlechtere Bewertung wird es für ohnehin verschuldete Länder teurer, sich bei Investoren Geld zu leihen.

Ratingagenturen sollen für Schäden haften

Die Agenturen verdienen ihr Geld damit, dass sie die Sicherheit von Wertpapieren sowie die Kreditwürdigkeit von Unternehmen und Staaten analysieren und benoten. Ratingagenturen sind zwar keine offiziellen Aufsichtsbehörden, sie erfüllen aber inzwischen im Prinzip diese Rolle. Der Einfluss besonders der drei wichtigsten Agenturen Standard & Poor's, Moody's und Fitch ist daher enorm.

Um ihre Macht zu brechen, will Barnier einem Entwurf seiner Vorschläge zufolge nun ein Rotationsprinzip einführen: Demnach soll eine Agentur ein Wertpapier oder den Herausgeber eines Wertpapiers nur noch maximal drei Jahre bewerten dürfen. Die Ratingagenturen sollen zudem für Schäden haften, die etwa durch grob fahrlässige Bewertungsfehler entstanden sind. Großen Ärger hatte in der vergangenen Woche Standard & Poor's auf sich gezogen, da die Agentur eine falsche Meldung über die Herabstufung der Kreditwürdigkeit Frankreichs verschickt hatte.

Die Ratingagenturen standen bereits vor drei Jahren in der Kritik: Sie werden für die Insolvenz der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 mit verantwortlich gemacht, welche die weltweite Finanzkrise auslöste. Ihnen wurde vorgeworfen, mit zu guten Ratings über die Schieflage der Bank hinweggetäuscht zu haben. Ihr Geld bekommen die Bonitätsprüfer nicht von den Anlegern, der sich für die Aussichten eines Wertpapiers interessieren, sondern von dem Emittenten. Die EU-Kommission will nun Interessenskonflikte beheben: Geplant ist etwa, dass ein Unternehmer nicht große Anteile an zwei konkurrierenden Agenturen gleichzeitig halten darf.

Kein Thema ist die in den vergangenen Monaten diskutierte Gründung einer europäischen Ratingagentur durch die EU-Kommission. Dies könnte zu Interessenskonflikten führen, sagte EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso dem französischen Fernsehsender LCI am Montag. Die Gründung europäischer Ratingagenturen sei zwar wünschenswert, müsse aber unabhängig von der Kommission erfolgen. Barnier muss nun die Zustimmung vom EU-Parlament und den Mitgliedsländern für seine Pläne erlangen. (APA)