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Auch Österreichs Medien bewegen sich im Hamsterrad.

Foto: EPA/Odd Andersen

Wow - da kommt die Presseaussendung einer Ratingagentur, die Frankreichs wirtschaftliche Kredibilität in Frage stellt, und schon heulen selbst seriöse Medien mit. Leider ohne Gegenrecherche, wie auch in so kurzer Zeit und überhaupt. Der Markt verlangt Top-News. Die Regierung in Paris hält dagegen und alles stellt sich in Windeseile als bedauerlicher Irrtum heraus. Alles gut und schön. Nur fehlt spätestens seitdem der Glaube nicht nur in die Vertrauenswürdigkeit der Ratingexperten sondern auch in die überschnell berichtenden Journalisten. Leider.

Mit ausgestecktem Pfui-Finger wird landauf, landab PR-Journalismus angeprangert. Bedingt durch die prekäre Wirtschaftslage schrumpfen jedoch die Redaktionen: keine Zeit mehr für Recherchen, also zunehmend ungeprüfte Übernahmen von Presseaussendungen und Vertrauen in diese. So geschehen auch beim Fauxpas in Sachen Frankreich. Mit kritischem Journalismus oder gar Journalismus als Korrektiv hat das nichts gemein.

Es ist ein Hamsterrad, in dem sich auch in Österreich Medien bewegen. Ausgenommen jene, die sich wohlgemut durch hoch dotierte Regierungsinserate - mit Hofberichterstattung im Gegenzug - durchfüttern lassen. Journalistisch ist das noch viel weniger korrekt aber in manchen Massenmedien wohl geübte Praxis. Hauptsache, die Kasse stimmt. Täglich grüßt so das Qualtinger-Murmeltier im Bazar der Meinungsmacherlüge.

Nebenan in Ungarn ticken die Uhren längst anders. Hier bestimmt inzwischen ganz ungeniert der Staat was berichtenswert ist. Wie Adam Marojosi an Reporter ohne Grenzen Österreich postet, ist nun auch der redaktionelle Quellenschutz nicht mehr gewährleistet. Aus der Traum vom Redaktionsgeheimnis. Ein prominentes Beispiel: Der einst gefeierte Enthüllungsjournalist und Pullitzer-Preisträger Tamás Bodaky.

Der kritische Schreiber wurde im Frühjahr 2010 von einem Tag auf den anderen arbeitslos. Bodaky hatte gewagt, über einen Immobilienskandal zu schreiben, in den auch Ministerpräsident Viktor Orban nahe stehende Personen verwickelt gewesen sein dürften.

Als journalistischer Robin Hood arbeitete Tamás Bodaky weiter und rief im Sommer die Nonprofit-Website atlatszo.hu - zu deutsch Transparenz - ins Leben. Eine Art ungarisches Wikileaks, ein Watchdog im Sinne eines transparenten Umgangs mit Steuergeldern. Wird Bodaky in seinen Recherchen rechtswidrig behindert, klagt er und berichtet darüber auf "Atlatszo". Kürzlich wurde, wie Marojosi schreibt, der Redaktionscomputer samt Festplatte beschlagnahmt. Dies zum Thema Medienfreiheit in einem demokratischen EU-Mitgliedsstaat, zu dem selbst die Zentrale in Brüssel beharrlich schweigt.

Was kann, was darf investigativer Journalismus, dieser Frage widmet sich auch das "Okto Medienquartett", das diese Woche live auf Sendung geht. Schauen wir, was dabei herauskommt. Gast ist jedenfalls Kurt Kuch, der in seinem Buch "Land der Diebe" schamlose Bereicherungen im Umfeld von Politik und Wirtschaft beschreibt. Nicht in Ungarn, in Österreich.