Bewerbungsresonanz.

Grafik: Career's Best Recruiters

Bewerbungsresonanz nach Branchen.

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Die vier Arten der Initiativbewerbung.

Grafik: Career's Best Recruiters

Branchen-Ranking nach 67 definierten Employer Branding Kriterien wie etwa Homepage, Stellenanzeigen, Social Media Aktivitäten oder Bewerbungsresonanz.

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"Lieber Bewerber, vielen Dank für Ihre Initiativbewerbung. Bitte geben Sie uns noch etwas Zeit, damit wir Ihre Bewerbung prüfen können. Sollten Sie nichts mehr von uns hören, dann suchen wir gerade niemanden für diese Stelle." So etwas in der Art, sagt Lotte Gasser von der GPK Kommunikationsagentur, sollten Firmen formulieren, wenn sie mit Bewerbungen konfrontiert werden. Als absolutes "Minimum an Respekt". Zum Beispiel retourniert via Mail, in Form einer simplen Auto-Reply-Funktion - ohne dass die Ressourcen eines Unternehmens über Gebühr strapaziert werden.

Mehrheit antwortet nicht

Gasser und ihr Team haben im Rahmen der Studie "Career's Best Recruiters" die 500 umsatzstärksten österreichischen Arbeitgeber und ihren Umgang mit Bewerbern untersucht (derStandard.at berichtete). Anhand von vier fiktiven Initiativbewerbungen, die standardisiert an alle Betriebe gingen. Vier unterschiedliche Lebensläufe wurden zu diesem Zweck konstruiert. Das Ergebnis fiel - zumindest aus Sicht der Initiatoren - ernüchternd aus: Bei über der Hälfte (52,7 Prozent) der 2.000 versendeten Bewerbungen gab es keine oder eine verspätete Rückmeldung. Verspätet heißt 72 Stunden nach Einlagen der E-Mail-Bewerbung bzw. 14 Werktage für Reaktionen per Post. Beim Antwortverhalten selbst ergibt sich folgendes Bild: 27 Prozent wurden individuell beantwortet, 20 Prozent in automatisierter Form.

Frage der Einstellung, nicht der Ressourcen

Eine Resonanz, von der viele Jobsuchende träumen, die aber dennoch auf massive Kritik stößt. "Wenn ein Mensch gerade in einer ganz wichtigen, schwierigen Phase seines Lebens ist, nämlich der Jobsuche, dann muss man so respektvoll sein, dass man zumindest mit einem Auto-Reply-Email reagiert", resümiert Gasser das Ergebnis im Gespräch mit derStandard.at. Das funktioniere wie bei einer Abwesenheitsnotiz. Und: "Aus dieser Perspektive ist das nicht viel." Außerdem wurde ja nicht der Greißler ums Eck angeschrieben, sondern die 500 größten Arbeitgeber. Und die, moniert sie, verfügen alle über eigene, recht gut dotierte Personalabteilungen. Zeitproblem hin, Personalmangel her. "Das ist einfach eine Frage der grundsätzlichen Einstellung."

Fällt Firmen auf den Kopf

Jeder Bewerber sei schließlich ein Kunde, sagt die Studienleiterin und zieht einen Vergleich mit dem Onlinehändler Amazon: "Bei jeder Anfrage, und sei sie auch noch so komisch, kommt irgendeine Form der Rückmeldung." Unternehmen seien Marken, die Unmengen an Geld für Werbekampagnen ausgeben, aber bei der simpelsten Form der Kommunikation oft versagen. Eine Ignoranz, die als Arroganz interpretiert wird und letztendlich zum Bumerang werden kann. Etwa über Mundpropaganda, Abeitgeberbewertungsplattformen oder Social Media Kanäle, wo sich artikulierter Unmut schnell potenzieren kann. Zum Imageschaden von Firmen.

Gasser kritisiert das passive Spiel von Unternehmen: "Man reagiert erst auf Dinge, anstatt sie präventiv zu steuern." Eine arbeitsmarktpolitische Schizophrenie, weil man einerseits den Fachkräftemangel beklagt und um die "besten Köpfe" buhlt und andererseits die Grundregeln des Anstands missachtet. "Man muss den Bewerbern Respekt zollen", mahnt sie, das komme auch wieder zurück. "Jedes Unternehmen hat auch eine soziale Verantwortung."

Versicherungen vor Personalfirmen

Wenn man die Daten nach Branchen destilliert, dann ist Unternehmen nicht gleich Unternehmen. So schneiden etwa Versicherungen mit einer Antwortquote von 69 Prozent am besten ab. Auf Platz zwei rangieren Personaldienstleister (60,5 Prozent) vor Betrieben im Energiesektor (57,5 Prozent) und Unternehmensberatungen (56, 3 Prozent). Um unteren, unrühmlichen Ende der Skala finden sich die Bereiche „Anlagen und Maschinenbau" mit 31,8 Prozent, Eisen und Metall mit 35 Prozent und Bau/Holz mit 40 Prozent. Also jene Metiers, die am lautesten schreien, weil sie angeblich kein qualifiziertes Personal finden. Dazwischen reiht sich noch die Medien-, Werbe- und Telekommunikationsbranche mit 39,5 Prozent am drittletzten Platz ein.

Lehrling am besten behandelt

Die vier verschiedenen Initiativbewerbungen (zwei männlich, zwei weiblich) wurden für Jobs verschickt, die es in jedem Betrieb gibt. Ohne persönliche Note und immer mit dem gleichen Text. Für eine Büro-, Praktikum- oder Lehrstelle. Nach diesem Kriterium aufgeschlüsselt bekam der Jungendliche, der sich als Lehrling bewarb, mit 55 Prozent am öftesten eine Antwort. Der Mann mit Magister-Abschluss erhielt von 52 Prozent der Firmen eine Reaktion. Die Bachelor-Absolventin (Praktikumsstelle) und die Maturantin (Vollbeschäftigung) nur von 40 bzw. 41 Prozent.

Akademischer Grad spielt keine Rolle

"Bei der Studie im Vorjahr haben wir Bachelor und Master verglichen", berichtet Gasser noch von einem anderen Aspekt. Im Erstkontakt konnten keine signifikanten Unterschiede bei der Beantwortung festgestellt werden. "Auch nicht zwischen männlichen und weiblichen Bewerbern." Detto bei jenen mit Migrationshintergrund. Von den fiktiven Bewerbern wurden zwei mit türkischen Namen versehen. Die Rücklaufquote war die gleiche, von Diskriminierung könne man nicht reden. Allerdings ließen sich daraus keine Rückschlüsse ziehen, wie die Mechanismen im persönlichen Gespräch, der nächsten Ebene, aussehen. Es wurde auch nicht eruiert, ob die Antwort eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch oder eine Verweigerung war. "Auch eine Absage wurde als Reaktion gewertet."

Unter die Lupe genommen wurden auch bestimmte Employer Branding Kriterien. Also wie und auf welchen Kanälen sich Unternehmen als gute Arbeitgebermarke positionieren. Die Mehrheit, nämlich 52 Prozent der getesteten Arbeitgeber, hat zum Beispiel keinen Social Media Auftritt. In puncto Rekrutierung von neuen Mitarbeitern sind knapp 13 Prozent der Firmen auf Social Media Plattformen aktiv.

Schlechtes Zeugnis für öffentliche Institutionen

Die öffentlichen Dienstleister wie etwa Ministerien schneiden im Branchenranking der Studie vergleichsweise schlechter ab. "Auf den Bereich Personalauswahl wird hier weniger Wert als in vielen anderen Branchen gelegt", kommentiert Gasser und nennt als Beispiel, dass es oft keine transparente Kommunikation gebe. Weder Anforderungsprofile an Kandidaten noch freie Stellen würden ausreichend kommuniziert. Positiv erwähnt sie hier lediglich das Finanzministerium und das Bundesheer, die offensiv Recruiting betreiben. Das Finanzministerium duelliert sich mit Banken und Versicherungen um gute Leute und beim Bundesheer hat man auch eine klare Vorstellung, wofür es steht. "Wissen die Leute, was auf sie zukommt, dann kommen gleich die richtigen Bewerber." So erspare man sich im Selektionsprozess sehr viel Zeit und Geld.

Transparenz spart Zeit und Geld

Natürlich, räumt Gasser ein, gebe es Unternehmen, die von motivationslosen Bewerbungen, wie sie etwa das AMS verlangt, zugemüllt werden. Um den Müll zu minimieren, müsse die Firma als Marke so gesteuert werden, dass man weniger Schreiben bekommt, dafür aber hochwertigere. Wie? Ein Schlüssel zum Erfolg sei die eigene Homepage: "Bevor sich jemand irgendwo bewirbt, informiert er sich meistens im Internet über die Firma." Hier könne man öffentlich kommunizieren, welche Bewerber man haben will - und welche eben nicht. "Bitte bewerben Sie sich mit diesem Profil nicht, das suchen wir momentan nicht", so Gasser über eine Auslesemöglichkeit: "Wenn ich diese Informationen nicht mitteile, brauche ich mich über die Bewerberflut nicht wundern." Und da komme wieder der Respekt ins Spiel. "Ein gutes Motivationsschreiben kostet viel Zeit." Erspart man sich das, dann profitierten Bewerber und Firma gleichermaßen. (om, derStandard.at, 15.11.2011)