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Der designierte Ministerpräsident Mario Monti hat am Montag erste Sondierungsgespräche mit den Parteispitzen zur Bildung einer Übergangsregierung in Rom gestartet.

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Beruhigung sieht anders aus: Trotz des Rücktritts Silvio Berlusconis von der Regierungsspitze muss Italien Rekordzinsen für seine Staatsanleihen zahlen. Sein designierter Nachfolger Mario Monti hat es daher eilig.

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Rom - Unter dem Druck der Finanzmärkte drängt der designierte italienische Ministerpräsident Mario Monti auf eine schnelle Regierungsbildung. Der frühere EU-Kommissar nahm dazu am Montag Konsultationen mit den Parteien auf. Die Gespräche sollen bis Dienstagabend abgeschlossen sein. Monti dementierte die von den Medien publizierte Ministerliste. Nach Medienberichten bastelt er an einem Sparpaket von 25 Milliarden Euro.

Die Märkte muss der neue Regierungschef aber erst noch überzeugen. Investoren verlangten am Montag für Staatsanleihen des klammen Landes Rekordzinsen. Für die Platzierung von fünfjährigen Anleihen im Volumen von drei Milliarden Euro musste Rom eine happige Rendite von 6,29 Prozent hinlegen. Derart teuer war der Schuldendienst für italienische Papiere dieser Laufzeit seit Einführung des Euro noch nicht.

Damit kehrt auch nach dem Berlusconi-Abgang keine große Entspannung an den Märkten ein. Die Rendite für zehnjährige italienische Staatsanleihen kletterte wieder fast auf 6,8 Prozent. Sie blieb aber immerhin unter der psychologisch wichtigen Sieben-Prozent-Grenze, bei der Portugal und Irland unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen mussten. Noch vergangene Woche lag auch Italien bei knapp 7,5 Prozent.

Was wohl nicht zur Beruhigung beigetragen haben dürfte: Berlusconi versicherte in einer TV-Botschaft, dass er die politische Szene nicht verlassen und mit doppeltem Einsatz für sein Land arbeiten werde. Er sei aus Verantwortungsbewusstsein zurückgetreten, obwohl ihm das Parlament nie das Vertrauen entzogen habe. Es sei traurig, dass diese "Geste der Verantwortung mit Pfiffen und Beleidigungen quittiert" worden sei. Mehrere Abgeordnete seiner Partei der Freiheit (PDL) organisierten vor Berlusconis Privatresidenz eine Sympathiekundgebung von mehreren hundert Anhängern.

PDL-Generalsekretär Angelino Alfano machte deutlich, dass seine Partei nicht alle Vorhaben der neuen Regierung unterstützen wird. Es gebe trotz Unterstützung für Monti "starke Opposition" an der Parteibasis, erklärte Alfano, der zeitweilig selbst als Nachfolger Berlusconis im Gespräch war. "Das war noch nicht das Ende", titelte die dem langjährigen Regierungschef nahestehende Zeitung Libero und stellte Widerstand gegen Monti in Aussicht.

Staatspräsident Napolitano rief dazu auf, unnütze Grabenkämpfe und einseitige Initiativen zu unterlassen. Das Land benötige endlich ein Klima der Entspannung und Einheit. Parlamentspräsident Gianfranco Fini äußerte die Erwartung, dass sich Monti mit dem angestrebten kleinen Kabinett von Technokraten spätestens am Freitag der Vertrauensabstimmung stellen wird.

Viele Opfer bringen

"Monti sprach über ein bedeutendes Programm mit vielen Opfern", sagte der Abgeordnete einer kleineren Partei, Francesco Nucara, nach dem Treffen mit dem designierten Regierungschef. Schon bei der Nominierung Montis hatte Präsident Napolitano zu außergewöhnlichen Anstrengungen aufgerufen, um die Schuldenkrise zu beenden und das Vertrauen der Märkte wiederzugewinnen. Napolitano erinnerte daran, dass Italien bis Ende April 200 Milliarden Euro refinanzieren muss. "Ich will diese Aufgabe mit großem Verantwortungsbewusstsein im Interesse unseres Landes übernehmen", sicherte Monti zu.

Das Kabinett Monti muss die Reformen umsetzen, die der zurückgetretene Ministerpräsident Berlusconi seinen Partnern in der Eurozone zugesagt hat, um mit unpopulären Maßnahmen die massive Verschuldung des südeuropäischen Landes abzubauen und die seit Jahren stagnierende Wirtschaft wieder anzukurbeln.

Dabei warten in der an Ränkespielen reichen italienischen Innenpolitik Rechts und Links erste Fallstricke für eine nicht aus den Reihen des Parlaments kommende Regierung. Viele Beobachter gehen davon aus, dass die Regierung Monti nicht bis zum regulären Ende der Legislaturperiode 2013 durchhalten wird, und dass es schon früher zu Neuwahlen kommt. (mu, go, Reuters, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.11.2011)