Werner Hanak-Lettner (Hg.), "Bigger Than Life - 100 Jahre Hollywood. Eine jüdische Erfahrung". € 29,90 / 208 Seiten. Bertz + Fischer, Berlin 2011.

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Eine Ausstellung über 100 Jahre Hollywood; in Wien; im Jüdischen Museum: Das hat mehr für sich, als es auf ersten Blick scheinen mag. Die Studiogründer der Filmmetropole waren Juden, die Mehrheit von ihnen kam aus Gebieten der alten Monarchie oder des Zarenreichs. In der goldenen Ära des Films, die zugleich das dunkelste Kapitel Europas war, flüchteten viele weitere talents, Kreative vor und hinter der Kamera, unter anderem aus Österreich an die Westküste. Und mit den Filmen kamen sie über den Atlantik wieder zurück.

Die laufende Ausstellung Bigger Than Life geht dieser langen und wechselhaften Geschichte nach, sie rekonstruiert Biografien von, sagen wir, Minsk über Rhode Island und New York bis an die Spitze von MGM (Louis B. Mayer), sie zeigt, wie die Filmmoguls das Traumbild von Amerika prägten, wie sie sich assimilierten und doch auf Feindschaft stießen. Filmausschnitte führen die jüdisch konnotierten Themen bis in die Gegenwart fort.

Wo die Filme enden müssen, geht der Katalog weiter. Kurator und Herausgeber Werner Hanak-Lettner hat das große Sujet der Schau in viele einzelne Szenen zerlegt und bearbeiten lassen. Von den klassenlosen Kinopalästen der Gründer bis zum Amerikabild in Easy Rider & Co, von den Rassenklischees (siehe die  Buchabbildungen links: Gone with the Wind-Mammy Hattie McDaniel l.u. und Pianist Dooley Wilson mit Cafétier Humphrey Bogart r.u.) bis zum neuen Rollenverständnis jüdischer Filmschaffender heute: Die klugen und sehr lesbaren Beiträge ergeben ein reich facettiertes Bild des nicht nur jüdischen Hollywood, ein Stück Kulturgeschichte, das uns alle geprägt hat.

Dass die konkurrenzierenden Filmfirmen nie eine gescheite Schau zu Hollywood zusammengebracht haben, erklärt, warum Wien sich als Alternative anbieten konnte. Sowohl der Katalog wie die Ausstellung zitieren übrigens das schlaue Motto des letzten großen Moguls, Lew Wasserman: "Dress British, think Yiddish!"  (Michael Freund / DER STANDARD, Printausgabe, 12./13.11.2011)