Nach Vorlage der Herbstprognose der EU-Kommission sollte auch den letzten Zynikern klarwerden, was es geschlagen hat: Wir brauchen derzeit vieles - funktionierende Regierungen, entscheidungsfähige Politiker, Sparprogramme und solidarische Finanzminister, mutige Bürger, die trotz allem nicht verzagen.

Nur eines kann Europa auf absehbare Zeit sicher nicht brauchen: Dauerdebatten darüber, ob man die Eurozone (und dann die Union) wieder auflösen, verkleinern oder sonst wie infrage stellen sollte. Genau das scheint die Lieblingsbeschäftigung mancher Glasperlenspieler in volkswirtschaftlichen Instituten oder den Zentralen extremer Parteien zu sein. Gar nicht zu reden von jenen, die ernsthaft glauben machen wollen, in Ländern wie Griechenland, das vom Abstieg auf 1980er-Jahre-Niveau bedroht ist, müsse es ausgerechnet jetzt Volksabstimmungen geben, damit "die Würde der Demokratie bewahrt" werde, wie der Spiegel jüngst etwas schwülstig vermerkte.

In guten Zeiten mag man über all das reden. Aber die bittere Wahrheit heute ist einfacher: Wir können uns das schlicht nicht leisten. Die Union schlittert nach 2008 gerade wieder in Richtung Rezession - sogar Deutschland, dessen Abstand zu Frankreich wächst. Das wird andere Länder nahe an den Zusammenbruch bringen. In diesem Überlebenskampf müssen die Staaten zusammenhalten, nicht spalten. Alles andere wäre politischer Wahnsinn. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.11.2011)