ORF-Reporterin Christine Grabner im deutschen Bordell.

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Wien - Christine Grabner hat sie nicht gefunden: die Vorzeigebordelle, in denen sich Frauen aus freier Entscheidung prostituieren und damit ein gutes Leben führen. "Die mondäne Hure gibt es nicht." Nicht in Österreich, nicht in Deutschland.

Weil Gegner des Verbots gern das selbstbestimmte Anschaffen propagieren und in der Prostitution einen "normalen" Beruf sehen, tritt Grabner im ORF-Schauplatz (Freitag, 21.20) mit Patrice Fuchs den Wahrheitsbeweis an: Blühen Ausbeutung und Menschenhandel in Schweden, wo Sexkauf seit 1999 verboten ist? Und herrschen in Deutschland mit liberaler Regelung menschenwürdige Verhältnisse?

30 Euro für 15 Minuten

Die Rechercheergebnisse des Ländervergleichs dokumentieren das genaue Gegenteil: Das liberale Deutschland steht im Ruf, "größtes Puff Europas" zu sein. Die Preise sind im Keller, 15 Minuten "Französisch" kosten in Dortmund 30 Euro. Um überhaupt arbeiten zu dürfen, zahlen Frauen bis zu hundert Euro täglich an die Bordelle. Ein Insider filmte im Puff mit "Flatrate"-Angebot: unbegrenzt Alkohol und Sex für 70 bis 90 Euro. "Die Männer schlafen irgendwann im Vollrausch auf den Frauen ein", erzählt Grabner. Im Hintergrund überwacht eine Managerin mit Stricherlliste, wie oft die Frauen ins Zimmer gehen. Eine kommt in zwei Stunden auf acht Striche.

Die CDU ist gegen Verbote. Sinnlos, erklärt ein Staatssekretär: Als Begründung führt er Triebabfuhr bei Männern an, und dann zitiert er die Bibel: Jesus hatte schließlich auch eine Prostituierte. Was Männer tun, wenn sie ihre Triebe legal abführen, behält Grabner für sich. Die abscheulichsten, gewalttätigen Details spart sie aus. Es bleibt genug übrig: "Alles ohne"-Sex, Gangbang-Partys, "Schlamm schieben" - organisierter Massensex, offen beworben im Web.

"Sex zu kaufen gilt dort als nicht normal"

Schweden bestraft Freier, nicht die Prostituierten. In Beratungsstellen können sich Freier zu Therapien und Beratungen anmelden. "Sex zu kaufen gilt dort als nicht normal", erzählt Grabner. 1998 gab es 2500 Prostituierte in Schweden, Studien weisen darauf hin, dass die Zahl zumindest nicht gestiegen ist, was in dem Business als Erfolg zu werten ist. Schätzungen in Deutschland belaufen sich auf mehr als 400.000 Sexarbeiterinnen.

Und Österreich? Verbindungen zwischen Wiener Zuhältern und rumänischen Menschenhändlern recherchierte Grabner bereits in einer früheren Reportage. Ihr Resümee nach dem Ländervergleich in puncto Ausbeutung und Menschenhandel: "Österreich ist nicht anders als Deutschland." (Doris Priesching, DER STANDARD; Printausgabe, 11.11.2011)