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Äthiopische Blutbrustpaviane (Theropithecus gelada) verfügen über ein komplexes Sozialleben. Die frühen menschlichen Vorfahren könnten vor rund 52 Millionen Jahren ähnliche soziale Verbände gebildet haben.

Foto: AP/Keystone, Lisa Maire

London - Der Wechsel vom nacht- zum tagaktiven Jäger unserer frühen affenähnlichen Vorfahren hat den Grundstein gelegt für das ausgeprägte soziale Zusammenleben der Menschen. Ohne den Schutz der Dunkelheit waren die Ur-Primaten viel stärker von Feinden bedroht. Das Zusammenschließen zu Gemeinschaften verlieh den ehemaligen Einzelgängern einen größeren Schutz, berichten britische Forscher im Fachjournal "Nature". Die allein lebenden Primaten seien dabei direkt zum Leben in größeren Gruppen übergegangen. Paarbeziehungen oder spezielle soziale Verbände wie etwa Haremsgruppen entstanden demnach erst später.

Susanne Shultz von der Universität Oxford (Großbritannien) und ihre Mitarbeiter hatten zunächst für 217 Arten von Primaten die Art des Zusammenlebens ermittelt. Sie erfassten, ob die Tiere zum Beispiel in Familienverbänden, Männergruppen oder geschlechtsgemischten Gruppen leben. Dann betrachteten sie die Entwicklungsgeschichte und die Verwandtschaftsbeziehungen der einzelnen Arten, um mit Hilfe statistischer Modelle auf die Evolution des Soziallebens zu schließen.

Soziales Leben begann vor 52 Millionen Jahren

In der evolutionären Linie, die zum Menschen führt, entstanden soziale Gruppen demnach vor etwa 52 Millionen Jahren. Und zwar in einem direkten Übergang von Einzelgängern zu großen, lockeren Verbänden aus männlichen und weiblichen Tieren. Andere Formen des sozialen Zusammenlebens bildeten sich später: Harems zum Beispiel in der Entwicklungslinie der Schlank- und Stummelaffen (Colobinae) vor 16 Millionen Jahren, Paarbeziehungen bei den Gibbons (Hylobatidae) vor 8,6 Millionen Jahren, bei den Springaffen (Callicebus) erst vor 4,5 Millionen Jahren.

Die Forscher zeigten auch, dass eine Entwicklungslinie, die einmal zum sozialen Gruppenleben übergegangen war, nicht mehr zum Einzelgänger-Dasein zurückkehrte. Der Übergang von lockeren Verbänden zu Gruppen mit stabilen Beziehungen sei womöglich der Schlüssel zur Entwicklung des kooperativen Sozialverhaltens, das bei menschenartigen Primaten und vor allem beim Menschen zu beobachten sei, schreiben die Forscher.

Widerspruch zu früheren Hypothesen

Ihre Studie stellt frühere Untersuchungen zur Evolution des Soziallebens infrage. Einer Theorie zufolge entstanden komplexere Gruppenverbände über den Zwischenschritt kleinerer Gruppen, die sich dann wie in einem Baukastensystem zusammentaten. Einer anderen Hypothese zufolge weitete sich die enge Bindung zwischen Müttern und ihrem Nachwuchs nach und nach auf andere weibliche Familienmitglieder aus. (red/APA)