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Foto: Andreas Friess / picturedesk

Wien - Das Eigenheim steht als Garant für familiäre Geborgenheit, gäbe es nicht jemanden, der diese Oase der Ruhe und Sicherheit als Trugbild entlarvt. Der Störenfried ist Mutter Karin (Johanna Tomek), eine zynische Altachtundsechzigerin, die in Herr Schuster kauft eine Straße gegen ihre spießigen Töchter wettert. Das tragikomische Konversationsstück der deutschen Dramatikerin Ulrike Syha gelangte im Theater Drachengasse zu einer unterhaltsamen Österreich-Premiere.

Wir befinden uns in einem "linksliberalen Garten" eines hellblauen Reihenhauses. Familienzusammenkunft. Herr Schuster (Christoph Kail), ein Schriftsteller, der einst mit gesellschaftskritischen Stücken hoch hinaus wollte und nun Krimis schreibt, bereitet zur Verkürzung der Wartezeit auf den Vater das Monopoly-Spiel vor. Er will so aufreibende Kommunikation umgehen, die seinen Schädel rot anlaufen lässt. An dieser ist einzig die streitbare Karin interessiert.

Die feministisch-klassenkämpferische Mutter tritt den Jungen im Elfenbeinturm entgegen und wirft ihnen fehlendes Engagement und den Rückzug in die kleinbürgerliche Scheinidylle vor. Sie verhöhnt ihre Töchter Valerie (Barbara Gassner) und Vera (Nicola Trub). Doch die Töchter kontern mit schmerzhaften Kindheitserinnerungen und erachten das Lebensmodell der Berufsdemonstrantin keineswegs als nachahmenswert. Der progressiven folgt die konservative Generation. Die inszenierte Grundsatzdebatte schafft es ohne Moralisierung. Anspielungen auf gegenwärtige innen- und außenpolitische Ereignisse geraten aber allzu platt.

Regisseurin Katrin Schurich setzt durch kluges Stellungsspiel auf der ausgeräumten Bühne (Stefanie Stuhldreier) einen ideologischen Schlagabtausch der Generationen in Gang, in dem die Klägerin zur Angeklagten und umgekehrt wird.

Niemand ist ohne Schuld. Das teils unterschwellige, teils skurrile Stück reiht sich in die Vielzahl der Auseinandersetzungen um die Frage nach dem "richtigen Leben" und konfliktreichen Familienstrukturen ein. Als das Monopoly-Spiel beginnt, kauft Herr Schuster die Turmstraße.  (Sebastian Gilli  / DER STANDARD, Printausgabe, 10.11.2011)