Tausche Tablet gegen Kochbuch.

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Wer in seiner Freizeit gerne zum Kochlöffel greift, tut dies als Nicht-Profi in Begleitung eines Kochbuchs. Zunehmend wird allerdings dafür der Laptop angeworfen und nach dem beliebtesten Rezept für die gewünschte Speise gegoogelt. Als Informationspool gibt das Internet einfach um einiges mehr her, als von Mutti vererbte Kochbücher oder auch moderne Wälzer des britischen TV-Kochs Jamie Oliver, die man zu Weihnachten unter dem Baum vorfand. Der zunehmende Smartphone-Boom löste eine neue Art zu kochen aus.

Nachteile am Smartphone

Smartphone-Displays eigneten sich aufgrund ihrer Größe nicht besonders zum Suchen oder Lesen von Rezeptlisten und -beschreibungen. Anders bei Tablets, über die NutzerInnen angefangen haben, ihre Rezepte von zuhause ins Büro, auf den Markt und - was besonders wichtig ist - in die Küche zu befördern. Der Start der Kochassistent-Apps war eher stockend: sie waren langsam, begrenzt und nicht intuitiv genug, um Koch und Köchin über den Smartphone-Screen zu unterstützen. 

Verbesserte Features

Neue Funktionen wie embedded Links und Videos, eingebaute Timer, Info-Grafiken und Stimmeneingabe haben das Image vom App-Support in der Kochnische aufpoliert. Bald könnten fleckige Notizhefte und veraltete Kochbücher im Müll landen. 

Größte des Tablets als Vorteil

Das Interface eines Tablets bietet Gourmets Möglichkeiten, die über jene des Laptops hinausgehen, ganz zu schweigen eines Buchs. Ein Touchscreen, der groß genug ist und in den hinein gezoomt werden kann, macht sich gut in Verbindung mit dem Erlebnis des Kochens, sagen Entwickler. Gerade beim Plan, ein gelungenes Mahl zu zaubern, entsteht häufig eine Stresssituation, die durch eine gut entwickelte App minimiert werden kann. 

Video-Tutorials und "Küchschrank-Funktion"

Unter bereits etablierten Apps tummeln sich Jamie Olivers 20-Miute Meals oder Johann Lafer. Jamie Oliver stockte seine App inzwischen auf 60 Rezepte auf, ebenfalls enthalten sind 21 Video-Tutorials sowie eine Schüttelfunktion, die nach dem Zufallsprinzip ein Rezept ausspuckt. Lafer hält mit 250 Rezepten dagegen. Eine besonders umfangreiche Sammlung liefert mit 60.000 Rezepten die Koch-Community "Kochmeister". Hier wurden Rezepte erprobt und bewertet, allerdings nicht von Profi-Gourmets. Auch der junge Sternekoch Patrik Jaros hat sich mit seiner App Patrik's Einfach Kochen! Lite im deutschsprachigen Koch-App-Markt etabliert und liefert mit seinen verschiedenen Anwendungen unter anderem eine "Kühlschrankfunktion", die Nutzern hilft, ihre vorhandenen Vorräte zu einem Mahl zu verbraten. Wer die Funktionstüchtigkeit einer kulinarischen App auf die Probe stellen möchte, findet Anreize in der Dr. Oetker Kochbuch Studentenfutter Multikulti CBE und unter www.rezeptewiki.org einen reichhaltigen Pool von über 8.000 Rezeptbeschreibungen.

Zukunft digitales Kochen

Viele App-Entwickler sagen, dass die Darstellung eines Rezepts sich in Richtung animierten Infografiken, Zeichnungen und stop-frame Fotografie entwickelt. Da Videos viel Speicherplatz auffressen, bieten Zeichnungen eine günstige und gemäßigtere Alternative.

Geschmackssache

Abschließend kann gesagt werden, dass sowohl Entwicklung als auch Markt für Koch-Apps noch in den Kinderschuhen stecken. Große Kochbuchverlage sind dabei, das Potenzial des Markts zu entdecken. Kochbücher per se sind wohl nicht ganz vom Aussterben bedroht, es gibt genug Menschen, die das Haptische dem Multitouch vorziehen. Und ob man durch eine gute App auch seine Kochqualitäten verbessern kann, ist ebenfalls nicht bestätigt. Einfacher und bequemer ist es allerdings geworden. Ob man sich nun für ein Kochbuch oder eine Koch-App entscheidet, ist im Prinzip auch Geschmackssache. Vor fettigen Fingern und Flecken ist weder das Buch noch das Tablet gefeit. (ez, derStandard.at, 09.11.2011)