Wien - Die Ärztekammer ist über eine geplante Gesetzesnovelle, die die Spitäler betrifft, empört. Die Novelle zum Kranken- und Kuranstaltengesetz (KAKuG) biete die Möglichkeit zum "massiven Etikettenschwindel", kritisierte Harald Mayer, Obmann der Bundeskurie Angestellte Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer, Dienstagabend bei einem Hintergrundgespräch. Man warne davor, weil etwa eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung nicht mehr von Gesetzes wegen notwendig sein werde.

Die Spitäler sollen ihr Leistungsangebot nach den Plänen von Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) stärker am tatsächlichen Bedarf in einer Region orientieren können. Einzelne Fachabteilungen müssen damit nicht mehr rund um die Uhr offenhalten, einzelne Leistungen können auch in Tages- oder Wochenkliniken ausgelagert werden. Bereits im abgelaufenen Begutachtungsverfahren war von der Ärztekammer heftige Kritik gekommen.

Keine Qualitätsverbesserung, sondern "Ausdünnung der Leistung"

Das Gesetz werde verkauft als Qualitätsverbesserung und Sicherung der peripheren Versorgung - "lauter leere Worthülsen", findet Mayer. Er wisse nicht, was an der peripheren Versorgung abgesichert sei, wenn man nicht mehr gezwungen sei, rund um die Uhr fachärztliche Expertise vorzuhalten. Die Patienten wüssten nicht mehr verbindlich, was sie erwarte, wenn sie in ein Krankenhaus gehen, befürchtet Mayer. So werde es vielleicht eine HNO-Abteilung geben, der HNO-Arzt komme aber nur ein paar Stunden dreimal die Woche.

Er habe kein Problem damit, wenn die Politik sage, man wolle zentralisieren und Schwerpunktspitäler in den Landeshauptstädten bzw. in der Peripherie nur mehr Standardkrankenhäuser, wo es in Wahrheit nur mehr eine Interne Abteilung gebe und ein paar Leute "hie und da" ein bisschen operieren. Wenn man eine Verknappung des medizinischen Angebots wolle, solle man das aber auch klipp und klar sagen. Man solle nicht von Qualitätsverbesserung reden, wenn es eine "Ausdünnung der Leistungen" sei.

"Vorsorgungsqualität der Bevölkerung leidet"

Man könne in diesen "herabgefahrenen Einrichtungen" auch keine Ärzte mehr ausbilden, man werde dort auch keine Ärzte hinkriegen, ebenso wenig wie Innovation und Spitzenmedizin. Mit dem Gesetz würden auch Mehrfach-Primariate - sprich: ein Abteilungsleiter für drei Abteilungen - legalisiert. Dagegen verwehre man sich.

Vergangene Woche sei man beim Minister gewesen. Dieser habe die Argumente, dass es sich um ein Herunterfahren handle, nicht wirklich entkräften können, schicke das Gesetz aber mit ein paar semantischen Änderungen in den Ministerrat, zeigte sich Mayer verärgert. Die Gesetzesänderung ermögliche, dass "nicht mehr Spital drin ist, wo Spital drauf steht".

Das Gesetz sei weiters das Gegenteil eines einheitlichen Spitalsgesetzes, könnten doch die Länder entscheiden. Diese seien es auch, die diese Neuerungen wollen, glaubt Mayer. Die Länder hätten Interesse, die Kosten zu minimieren und den Wählern "vorzutäuschen", dass sie in jedem Krankenhaus alles bekommen.

Sorgen um ärztliche Arbeitsplätze seien nicht das Motiv für die Kritik, versicherte Mayer auf Nachfrage - es werde immer genug Jobs für Ärzte geben. Ihm gehe es um die Versorgungsqualität der österreichischen Bevölkerung.

Angesprochen auf die geplante elektronische Gesundheitsakte (ELGA) meinte Mayer, man solle zuerst grundsätzliche Fragen klären, etwa was ELGA bringe. Wenn ELGA für die EDV-Branche ein Geschäft sei, sei das schön, wenn es aber für die Patienten und das Gesundheitswesen außer Mehrkosten nichts bringe, "dann lassen wir's bitte". Kein Freund ist Mayer auch von der "Opting-Out"-Möglichkeit für jeden Patienten - für die Mediziner werde es dann "lächerlich". (APA)