Was die Punkte zu bedeuten hatten, darüber können Archäologen nur spekulieren.

Foto: Maria Malina, Universität Tübingen
Foto: Maria Malina, Universität Tübingen

Tübingen - Archäologen haben im Süden Deutschlands auf der Schwäbischen Alb die ältesten bisher bekannten Zeugnisse von Malerei in Mitteleuropa gefunden - und sie war abstrakt. Die vier bemalten Steine aus der Höhle "Hohler Fels" bei Schelklingen stammen vom Ende der letzten Eiszeit und sind rund 15.000 Jahre alt, sagte Archäologe Nicholas Conard am Dienstag in Tübingen. Bisher habe es in ganz Mitteleuropa keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Menschen schon in der späten Altsteinzeit gemalt hätten. Die Epoche, aus der sie stammen, wird nach einem französischen Fundort "Magdalénien" genannt.

Drei der neuentdeckten Malereien zeigen Doppelreihen roter Punkte auf Kalksteingeröllen, ein weiteres bemaltes Fragment könnte von der Höhlenwand stammen. "Diese Punkte sind alles andere als ein Zufall. Es ist ganz klar, dass sie einen relevanten Inhalt haben", betont der Tübinger Forscher Nicholas Conard. Welchen, darüber können die Experten  - anders etwa als bei steinzeitlichen Tierdarstellungen - nur spekulieren. Im damals weit verbreiteten Schamanismus könnten sie eine religiöse Bedeutung gehabt haben. Oder sie waren gar Teil eines eiszeitlichen Menstruationskalenders - ein Punkt für jeden Tag.

Wichtige Fundstätte

Es handelt sich bei diesen Funden um die ersten derartigen Entdeckungen seit 1998, als ein Archäologenteam um Conard ebenfalls im Hohlen Fels einen einzelnen bemalten Stein fand. Zusätzlich zu den bemalten Steinen wurden nun auch Hämatit- und Ockerstücke gefunden, die zur Farbherstellung verwendet wurden.

Der Hohle Fels hatte in den vergangenen Jahren immer wieder für Schlagzeilen gesorgt. Das Team um den Tübinger Archäologen hat dort die ältesten bekannten Eiszeitfiguren der Welt gefunden - zuletzt eine Venus-Figur und mehrere Flöten, die von den ersten modernen Menschen in Europa vor rund 40.000 Jahren hergestellt wurden. Hinweise darauf, dass die Menschen so früh auch schon gemalt haben, gab es bisher in ganz Mitteleuropa allerdings nicht. Lediglich weiter im Westen, vor allem in Frankreich und Spanien, fanden sich Überreste von Höhlenmalerei.

Die neuen Fundestehen im Mittelpunkt einer Sonderausstellung im Museum der Universität Tübingen unter dem Titel : "Bemalte Steine - das Ende der Eiszeitkunst auf der Schwäbischen Alb". Die Ausstellung wird vom 10. November 2011 bis zum 29. Januar 2012 gezeigt. (APA/red)