Brüssel - Die EU-Finanzminister sind grundsätzlich für eine globale Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Eine Steuer auf EU-Ebene oder gar nur im Rahmen der Eurozone stößt dagegen auf zahlreiche Bedenken. Innerhalb der 17 Mitglieder der Eurozone haben sich am Dienstag in Brüssel allein sieben Vertreter mit Skepsis bis Ablehnung zu Wort gemeldet, wobei vor allem auf die Gefahr einer Abwanderung von Kapital und einer Abwälzung der Kosten letztlich auf die Bankkunden hingewiesen wurde.

Bei der Sitzung der EU-Finanzminister drängte vor allem Deutschland auf eine Einführung notfalls auch nur durch die Eurozone. Dem schlossen sich Finnland, Slowenien, Frankreich, Belgien, Griechenland, Spanien und Österreich an. Bedenken äußerten dagegen Luxemburg, Zypern, Malta, Italien, Irland, die Slowakei und die Niederlande. Nicht zu Wort gemeldet hatten sich bei der ersten sogenannten Orientierungsaussprache über einen Vorschlag der EU-Kommission zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer von der Eurozone Portugal und Estland. Von den zehn Nicht-Eurostaaten gab es Skepsis bis klare Ablehnung - vor allem von Schweden, Großbritannien und Tschechien. Auch Dänemark, Lettland und Bulgarien sowie Rumänien zogen sich darauf zurück, nur eine globale Steuer zu befürworten.

Wasser wichtiger als Finanztransaktionssteuer

Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble wies die Kritiker zurück. Das Argument, dass eine Finanztransaktionssteuer nur weltweit eingeführt werde, sei nur eine "Ausrede. Wir werden noch 20 Jahre diskutieren, bis auf der letzten Insel in einem fernen Kontinent das eingeführt ist". Es gehe aber nicht darum, heute Lösungen zu verhindern. Immerhin hätten 99 Prozent aller Finanztransaktionen mit realer Ökonomie nichts zu tun, "die finanzieren nicht den Austausch von Dienstleistungen, sondern von irgendwas anderem".

Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) hatte bereits vor Beginn der Tagung betont, sie sei auch dafür, die Steuer zumindest in der Eurozone einzuführen. Damit werde auch ein Signal an den Markt gesendet. "Uns bereiten die Märkte Probleme, also sollen sie selber zur Stabilisierung beitragen." Sie lasse auch das Argument, dass die Finanztransaktionssteuer wachstumshemmend wäre und die Schulden der Länder noch einmal im Hinblick auf ihre Refinanzierung verteuere, "nicht ganz gelten".

Der französische Ressortchef Francois Baron betonte ebenfalls, dass der Finanzsektor einen Beitrag leisten müsse. Der belgische Finanzminister Didier Reynders äußerte sein Unverständnis über die Kritiker, die "gerade Finanztransaktionen besonders schützen" wollten. Es werde sogar Wasser besteuert, "demnächst vielleicht sogar die Luft, die brauchen wir mehr als Finanztransaktionen".

Bremser in Italien und Großbritannien

Luxemburgs Luc Frieden zeigte sich dagegen skeptisch. "Wäre heute eine Abstimmung, würde ich nicht grün und nicht rot, sondern orange klicken." Es gebe noch eine ganze Reihe ungeklärter Fragen. Wer zahlt letztlich hinterher die Finanztransaktionssteuer, bei einigen ist es der Bankkunde." Außerdem gehe es nicht, wie Schäuble meine, um die letzte Insel, die das auch eingeführt haben müsste, sondern um die großen Finanzzentren. "Wenn die gegen diese Steuer sind, muss Europa aufpassen." Schließlich müsse man die Verwendung der einzunehmenden Mittel diskutieren. Er wäre dafür, dass dies eine Ressource für den EU-Haushalt werde. Malta fürchtet ebenfalls Kapitalabflüsse außerhalb der EU sowie eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit, ebenso Zypern. Italien warnte davor, dass "die Vorlage der Kommission uns spaltet". Die grobe Richtung sei richtig, um Spekulationen einzudämmen, doch müssten die Auswirkungen bei einer Einführung nur auf EU-Ebene noch besser untersucht werden. Italien habe "größte Bedenken".

Deutliche Ablehnung gab es von Schwedens Finanzminister Anders Borg. Es käme zu schädlichsten Auswirkungen. Die Kommission unterschätze die Kosten einer solchen Steuer und überschätze die Einnahmen. Außerdem müssten negative Folgen für Kreditaufnahmen bedacht werden, "die Kosten könnten um 20, 30 oder 40 Basispunkte ansteigen".

Ebenfalls deutlich dagegen war der britische Finanzminister George Osborne. In einer Zeit der Wirtschaftskrise in Europa über die Finanztransaktionssteuer zu reden, sei "nicht der richtige Zeitvertreib". Es handle sich um "Hirngespinste, reine Phantasie". Er müsse auch klipp und klar sagen, dass "kein Banker einen Euro dafür berappen wird. Das sind die Pensionisten, die Steuerzahler". Der irische Vertreter befürchtet ebenfalls eine Verlagerungswirkung von Kapital außerhalb der EU. Es könne auch nicht sein, dass es bei einer Steuer nur in der Eurozone eine "Abgabe in Dublin gibt, aber keine in London".

EU-Steuerkommissar Algirda Semetar meinte, es könnten sehr wohl negative Effekte "so klein wie möglich" gehalten werden. Außerdem sollten einige Staaten nicht falsche Schlüsse aus der Vergangenheit ziehen. Die Arbeiten würden technisch fortgesetzt, die Richtlinie soll Anfang 2014 kommen. (APA)