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Seit Mitte der 1980er-Jahre hat sich in Österreich der Anteil täglich rauchender 15-Jähriger bei den Buben verdoppelt, bei den Mädchen gar verdreifacht.

Foto: APA/Martin Gerten

2,3 Millionen Österreicher rauchen. Alle zweieinhalb Stunden stirbt in Österreich ein Mensch an Lungenkrebs. 90 Prozent aller Lungenkrebspatienten sind Raucher. "Diese Zahlen sollten für die Politik Grund genug sein, ein generelles Rauchverbot in Gastronomiebetrieben, wie es bereits in Italien oder Irland Praxis ist, auch in Österreich einzuführen", fordert Walter Dorner, Präsident der Wiener und der Österreichischen Ärztekammer.

Kinder und Jugendliche besonders gefährdet

Besonders gefährdet sind Kinder und Jugendliche. Dorner: "In einer Untersuchung in Österreich hat sich gezeigt, dass 42 Prozent aller 15-Jährigen bereits mehr als 40 Zigaretten geraucht haben. Die meisten erwachsenen Raucher berichten, dass sie bereits in ihrer Jugend zu rauchen begonnen haben. 90 Prozent der täglichen Raucher geben an, vor dem 21. Lebensjahr die erste Zigarette geraucht zu haben." Seit Mitte der 1980er-Jahre habe sich in Österreich zudem der Anteil täglich rauchender 15-Jähriger bei den Buben verdoppelt, bei den Mädchen gar verdreifacht.

"Das jetzige Gesetz stellt eine nicht zufriedenstellende Lösung dar", bringt Dorner es auf den Punkt. Man solle sich ein Beispiel am Nichtraucherschutz in Südtirol, Bayern oder Slowenien nehmen. Ein anderes Beispiel ist die Schweiz, die aus Mitteln der Tabaksteuer seit dem Jahr 2001 einen Tabakpräventionsfonds mit 2,6 Rappen (2,1 Cent) pro verkaufter Zigarettenpackung speist. Binnen fünf Jahren wurde damit die Raucherprävalenz der 14- bis 19-Jährigen von 31 Prozent auf 25 Prozent gesenkt. Die Raucherprävalenz der 14- bis 65-Jährigen wurde ebenfalls von 33 Prozent auf 30 Prozent gesenkt, was, laut Dorner, vor allem der Rauchertherapie zu verdanken ist.

Risiko für Herz und Lunge

Zigarettenrauch ist die bedeutendste Quelle für Fein- und Ultrafeinstaub in den Innenräumen. Eine erhöhte Feinstaubkonzentration führt - vor allem im urbanen Raum - zu häufiger auftretenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Wirkmechanismen sind noch unzureichend aufgeklärt, die Ursachen sind aber vielfältig.

"Die gefährlichen Feinstaubpartikel sind mit freiem Auge nicht sichtbar und dringen über die Atemwege bis tief in die Lunge und ins Blut, wodurch die Entzündungsfaktoren steigen", erklärt Manfred Neuberger von der Abteilung für Allgemeine Präventivmedizin des Instituts für Umwelthygiene der Medizinischen Universität Wien.

Drei aktuelle österreichische Studien zeigen die Zusammenhänge zwischen der Höhe der Feinstaubkonzentration und der Rate akuter Erkrankungen und Sterbefälle in Graz, Linz und Wien. Neuberger: "An Tagen mit höherer Feinstaubbelastung in der Atemluft steigt die Zahl der Notdienste, der Spitalsaufnahmen und der Todesfälle, die auf Erkrankungen der Herzkranzgefäße zurückzuführen sind, signifikant an."

"Dringender Handlungsbedarf"

Wenn nun in Räumen geraucht werde, steige die Feinstaubbelastung dort auf ein Vielfaches an und lasse sich auch durch die besten Lüftungssysteme nicht beherrschen. "Unsichtbarer Tabakrauch dringt in benachbarte Räume ein und gefährdet besonders Kinder, aber auch andere Passivraucher", so Neuberger.

Um das Feinstaubproblem in den Griff zu bekommen, sei dringender Handlungsbedarf gegeben, "besonders bei der Gesetzgebung", appelliert der Experte an die Politik. "Erforderlich sind die Anpassung des Tabakgesetzes an einen westlichen Standard, strengere Grenzwerte für Feinstaub, KFZ-verkehrsberuhigende Maßnahmen, Ersatz der Holzverbrennung in und um Ballungsräume durch bessere Isolierung, Abwärmenutzung und Fernwärme, die Erweiterung der Luftreinhaltung auf Land- und Bauwirtschaft sowie eine bessere Raumplanung zur Verkürzung der jeweiligen Verkehrswege."

Sterberisiko um 20 Prozent höher

Neuberger betont, dass das Sterberisiko an Herz-Kreislauf-Erkrankungen infolge der Feinstaubbelastung in Wien in der Nähe der Luftmessstation am Währinger Gürtel in etwa 7 Prozent höher sei als in sauberer Landluft, und dieses Risiko werde durch eine Stunde pro Tag in einem durchschnittlich tabakrauchbelasteten Wiener Lokal nochmals um etwa denselben Betrag erhöht. "Kellner oder Wirte, die dort acht Stunden verbringen, müssen sogar ein um 20 Prozent höheres Risiko in Kauf nehmen", fasst Neuberger zusammen. (red, derStandard.at)