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"Wer bis zum 30. Lebensjahr keinen bedeutenden Beitrag zur Wissenschaft geleistet hat, wird es nie mehr tun", soll Albert Einstein einmal gesagt haben. Zu seiner Zeit mag das noch gestimmt haben, heute dagegen liegt das durchschnittliche Alter, in dem Physiknobelpreisträger ihre nobilitierte Arbeit veröffentlichen, bei rund 48 Jahren.

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Washington/Wien - Eine Person, die ihren großen Beitrag zur Wissenschaft nicht vor dem 30. Lebensjahr geleistet hat, wird ihn nie leisten. Dieses Verdikt wird unter anderem Albert Einstein zugeschrieben, der jedenfalls leicht reden gehabt hätte: Als er in seinem Wunderjahr 1905 gleich fünf bahnbrechende Entdeckungen machte - unter anderem auch die Erklärung des photoelektrischen Effekts, für die er 1922 den Physik-Nobelpreis erhielt -, war der Physiker gerade einmal 26 Jahre alt.

Das Diktum von den kreativen Forschern unter 30 war zu Einsteins Zeiten durchaus noch statistisch abgesichert, wie die Ökonomen Benjamin Jones (Northwestern University bei Chicago) und Bruce Weinberg (Ohio State University) bestätigen konnten: Vor 1905 hatten zwei Drittel der Nobelpreisträger in Medizin, Chemie und Physik ihren entscheidenden Durchbruch vor dem Erreichen des 40. Lebensjahrs gemacht. Und 20 Prozent gelang das vor 30.

Heute allerdings scheint das ikonografische Bild vom jungen brillanten Forscher, der die Wissenschaft revolutioniert, laut Jones und Weinberg einigermaßen überholt. So haben die beiden Ökonomen herausgefunden, dass das durchschnittliche Alter, in dem Physiknobelpreisträger ihre nobilitierte Arbeit veröffentlichen, heute bei rund 48 Jahren liegt - also biografisch lange nach Einsteins Genieblitzen.

Jones und Weinberg haben für ihre Untersuchung das Alter von allen 525 Nobelpreisträgern in Chemie, Medizin und Physik zwischen 1901 und 2008 ermittelt, in dem die Forscher ihre nobelpreiswürdige Entdeckung machten. Was dabei herauskam, könnte auch forschungspolitisch einige Relevanz haben.

Grundsätzlich ist dieses Alter der höchsten Kreativität über das späte 19. und 20. Jahrhundert hinweg einigen Schwankungen unterworfen. Dennoch lässt sich in allen Bereichen ein ganz klarer Trend erkennen: Der Anteil der Forscher, die vor Erreichen des 40. Lebensjahrs ihre große Entdeckung machten, nahm über die Jahrzehnte hinweg ab.

Einzige kleine Ausnahme war die Physik im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts, wofür Jones und Weinberg gleich mehrere Erklärungen anbieten: Physiker erhielten damals ihr Doktorat viel früher als heute und waren Teil einer Revolution ihrer Wissenschaft - Stichwort Quantenphysik. Zudem wurden damals besonders viele Nobelpreise in Theoretischer Physik verliehen, in der jüngere Forscher stark waren.

Der vom Autorenduo genannte Hauptgrund, warum die großen Leistungen immer später im Forscherleben stattfinden, ist indes nicht weiter überraschend: Es sei die immer größer werdende Menge an Wissen, die Forscher sich aneignen müssen, ehe sie eigenständig forschen können. (tasch/DER STANDARD, Printausgabe, 08.11.2011)