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Objekt der Begierde der Politiker: Die im schlicht gehaltenen Keller der Deutschen Bundesbank gebunkerten Goldbarren.

Foto: Reuters

Mit Volldampf geht es in Europa nach dem G-20-Gipfel weiter beim Bemühen, die Stabilität der Eurozone durch flankierende Maßnahmen zu verbessern: Die Finanzminister von Deutschland, Frankreich und Italien haben sich in Cannes mit den US-Partnern, wie berichtet, bereits darauf geeinigt, zusätzliche Kreditlinien im Internationalen Währungsfonds (IWF) aufzustocken, um mit kurzfristigen Krediten rasch aushelfen zu können, wenn Italien oder Spanien in Zahlungsprobleme kämen.

In Brüssel treffen ab heute, Montag, die Euro- und EU-Finanzminister zusammen. Dabei bahnt sich ein Streit um das Anzapfen der Gold- und Devisenreserven der deutschen und anderer Zentralbanken an. Diese sollten als zusätzliche Garantien in das System der Euro-Stabilisierung eingebracht werden.

Offiziell im Programm der Minister: Einerseits sollen die Details zur Erhöhung der Schlagkraft des Rettungsschirms (EFSF) auf real eine Billion Euro geklärt werden (was ohne IWF und dessen Mitglieder USA, China oder Brasilien nicht möglich ist).

Andererseits müssen die Einzelheiten zur Rekapitalisierung der systemrelevanten Banken in der Union im Ausmaß von bis zu 100 Milliarden Euro besprochen werden - bzw. in der Folge zur Beteiligung dieser Banken und anderer Investoren am Schuldennachlass für Griechenland. Ein solcher sanfter "Haircut" im Volumen von ebenfalls rund 100 Mrd. Euro war beim Euro/EU-Gipfel am 27. Oktober - vor den Umstürzen in Athen - bereits fixiert worden. Bisher fehlen aber Detailvereinbarungen mit den Banken über Zeitabläufe, Summen und Zinssätze.

Goldschatz

Was nun die Optimierung des EFSF betrifft, berichtete die Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, am Rande der G20 sei von den deutsch-französischen Partnern erwogen worden, die Gold- und Devisenreserven der Deutschen Bundesbank für Haftungen im EFSF heranzuziehen. Der Rettungsschirm darf nach bisherigen Beschlüssen maximal 440 Milliarden Euro vergeben.

Die Euroländer haften dafür mit insgesamt 780 Milliarden, wovon 211 Milliarden auf Deutschland fallen, wie der Bundestag das beschlossen hat (Österreich: 22 Milliarden Euro). Man befürchtet aber, dass diese Summen nicht reichen könnten, sollten die Märkte gegen ein großes Land der Währungsunion spekulieren.

Reserven zur Zentralbank

Die Reserven im System der europäischen Zentralbanken, von denen der größte Teil bei der Deutschen Bundesbank liegt, könnten nun die Garantien erhöhen - und damit um ein Vielfaches die Ausleihesummen. Laut FAS ist von insgesamt 50 bis 60 Milliarden Euro die Rede. Der deutsche Anteil läge bei 15 Milliarden.

Die Schlagkraft des EFSF könnte damit um gut 250 bis 300 Milliarden Euro erhöht werden. Die Regierungen im Euroraum müssten keine neuen Parlamentsbeschlüsse zur Erhöhung der Staatshaftungen anstreben, was aufgrund der Skepsis vor allem seitens der deutschen Abgeordneten in Berlin ohnehin schwierig wäre. Technisch soll das so ablaufen, dass die Reserven der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Verfügung gestellt werden, die sie über Sonderziehungsrechte beim IWF an eine Zweckgesellschaft verpfändet, mittels derer gehebelte Kredithilfen für Eurostaaten organisiert werden.

Vehementes Dementi

Die Deutsche Bundesbank lehnt den Verzicht auf direkten Zugriff auf die Reserven ab. Der Sprecher der deutschen Bundesregierung, Steffen Seibert, dementierte den Zeitungsbericht vehement, ein Anzapfen der Goldreserven sei "zu keinem Zeitpunkt zur Diskussion gestanden". Er bestätigte aber, dass diese Frage von einigen G-20-Teilnehmern aufgeworfen wurde. Konkret: von US-Präsident Barack Obama, Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und dem britischen Premier David Cameron. Kanzlerin Angela Merkel lehnte - vorläufig - ab. (Thomas Mayer, DER STANDARD, Printausgabe, 7.11.2011)

Beim Euro-Finanzministertreffen soll es also zunächst nur darum gehen, wie man den EFSF mittels Finanzhebel auf eine Billion Euro aufstocken kann. Berlin bevorzugt eine "Versicherungsmodell". Der EFSF garantiert etwa 20 Prozent von Staatsanleihen.