Bild nicht mehr verfügbar.

US-Präsident Barack Obama (links) und Frankreichs Premier Nicolas Sarkozy sind sichtlich gut gelaunt.

Foto: AP/Bonaventure

Cannes - Die 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20) stemmen sich gemeinsam gegen eine Ausweitung der Euro-Krise und einen Einbruch des weltweiten Wirtschaftswachstums. Die Staats- und Regierungschefs der G-20 beschlossen am Freitag im französischen Cannes einen Aktionsplan für globales Wachstum sowie eine Stärkung des Internationalen Währungsfonds (IWF). Italien stimmte der Überwachung seiner Staatsfinanzen durch den IWF zu.

Die G-20 weitet den Kampf gegen Spekulationsgeschäfte und Steuersünder aus. Sogenannte Schattenbanken müssen mit Auflagen und Aufsicht rechnen. Insgesamt stehen 29 sogenannte systemrelevante Banken auf der Liste. Systemrelevant ist eine Bank, wenn ihre Pleite das internationale Finanzsystem zum Kollaps bringen kann. Im Kampf gegen Steuerhinterziehung werden elf Finanzplätze ins Visier genommen.

Keinen Fortschritt gab es offensichtlich beim Thema Transaktionssteuer. Die G-20-Staaten stritten weiter über Maßnahmen gegen gefährliche Spekulationsgeschäfte. In der Abschlusserklärung des Gipfels heißt es lapidar: "Wir erkennen die Initiativen zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer in einigen unserer Staaten an." Damit sind Sarkozys Pläne für die Einführung einer globalen Bankenabgabe auf Finanzgeschäfte gescheitert.

Italiener spielen mit Vertrauen

Nach einem Euro-Sondertreffen in Cannes bestätigte Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi, dass er den IWF gebeten habe, die italienischen Maßnahmen gegen die Krise zu "überwachen" und zu "bestätigen". Ein IWF-Angebot für Hilfsgelder habe er aber als "nicht notwendig" abgelehnt.

Die Probleme Italiens an den Finanzmärkten sind nach Ansicht des IWF durch einen Mangel an Glaubwürdigkeit zu erklären. IWF-Chefin Christine Lagarde sagte am Rande des G-20-Gipfels, dies werde sowohl von der italienischen Regierung als auch ihren Partnern so gesehen. Derzeit kontrolliert bereits die EU-Kommission die italienischen Sparanstrengungen.

Ziel des Euro-Sondertreffen am späten Donnerstagabend, an dem neben Berlusconi, Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy auch US-Präsident Barack Obama teilgenommen hatte, war es, eine "Brandmauer" gegen ein Überschwappen der Euro-Krise auf das hochverschuldete Italien einzuziehen.

Stärkere Rolle für den Währungsfonds

Dem IWF, der als Kreditgeber und Finanzkontrolleur international Vertrauen schaffen soll, wird damit eine stärkere Rolle in der Euro-Krise zugewiesen. Der Fonds soll nicht nur Krisenländer überwachen, sondern künftig auch zusätzliche Kredite an europäische Wackelkandidaten vergeben können. Die G-20 einigten sich darauf, die kurzfristigen Kreditlinien des IWF auszuweiten. So könnte Italien nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" rund 45 Milliarden Euro erhalten, falls es kurzfristig in Zahlungsschwierigkeiten kommen sollte. Darüber hinaus sollen unter anderem freiwillige Einlagen von Ländern beim IWF erhöht werden. Merkel machte deutlich, dass es in Cannes noch keine konkreten Zusagen von anderen Ländern wie China für eine Beteiligung an der Hilfe für Euro-Länder gegeben habe.

US-Präsident Barack Obama zeigte sich nach Gipfelende überzeugt, dass Europa "die Fähigkeit" habe, die Schuldenkrise zu lösen. Sarkozy lobte die Fortschritte bei der Zusammenarbeit der G-20, die für 85 Prozent der Weltwirtschaft stehen. In einem Aktionsplan zur Stärkung der Weltwirtschaft verpflichten sich Defizitländer zum Schuldenabbau und Exportmächte wie China oder Deutschland zur Stärkung ihrer Inlandsnachfrage. Merkel wandte sich aber gegen den Eindruck, "Wachstum könne man nur durch staatliche Mittel und Konjunkturprogramme befördern".

Hilfsorganisationen bemängeln Prioritäten

"Sehr zufrieden" zeigte sich Merkel mit den Beschlüssen der G-20 zur Finanzmarktkontrolle. So wurde ein Liste von 29 Großbanken zusammengestellt, die ihr Eigenkapital erhöhen müssen, um gegen Pleiten gewappnet zu sein. In Deutschland zählen die Deutsche Bank und die Commerzbank dazu, in Italien die Bank Austria-Mutter UniCredit. Darüber hinaus sollen "Schattenbanken", also etwa Hedge Fonds, besser kontrolliert werden, die derzeit nicht unter die Bankaufsicht fallen. Sarkozy räumte ein, dass es in Cannes keine Einigung auf eine Finanztransaktionsteuer gegeben habe. Frankreich strebe nun eine Einführung auf EU-Ebene ab dem nächsten Jahr an.

Hilfsorganisationen kritisierten, dass Probleme wie der Hunger in der Welt wegen der Euro-Krise ganz in den Hintergrund gerückt seien. Ein Sprecher der Globalisierungskritiker, die parallel zu dem zweitägigen Gipfel in Nizza protestierten, sprach von einer "völlig negativen Bilanz".

Der nächste G-20-Gipfel findet im Juni 2012 im mexikanischen Los Cabos statt. (APA)