Die schlechte Nachricht zum Start des Bildungsvolksbegehrens hatte "Heute" am Tag vor dem Start: Schul-Neandertaler Neugebauer will Gewerkschaftsboss bleiben. Wie betrüblich falsch unsere Vorfahren in dieser Bewertung durch Medien-Neandertaler wegkommen, zeigt die nähere Charakterisierung des Gewerkschaftsbosses, der "das Feuer noch spürt": Er gilt als Blockierer, Betonierer, Bulldozer. Der bildungsbeflissene Neandertaler war nichts weniger als das, und auch er spürte das Feuer. Zum Start des Volksbegehrens interviewte "Heute" dann den Initiator und stellte die Frage: Wird das sein letzter sozialpolitischer Kraftakt gewesen sein? Bei der Beantwortung musste Androsch passen. "Das weiß ich nicht. Ich kann ja morgen schon tot sein." Zum Glück deutet einiges darauf hin, dass er seinen sozialpolitischen Kraftakt überleben wird.

Mit Verstorbenen, deren Ruf sich ebenfalls auf Kraftakte stützte, hat sich "Profil" in seiner Titelgeschichte über Bergsteiger als Nazis auseinandergesetzt. Das musste Freiheitliche auf den Plan rufen. In "Zur Zeit", das diese Woche in neuem Gewande, aber altem Geist erschien, rückte man zu völkischer Bergrettung aus. Mit unverhohlener Gehässigkeit werden verdiente Bergsteiger wie Heinrich Harrer, Andreas Heckmair, Sepp Innerkofler oder Fritz Kasparek als Vorläufer oder Kollaborateure der Nationalsozialisten denunziert.

"Profil" hat die genannten Alpinisten - übrigens frei von Gehässigkeit - als Nationalsozialisten benannt, was sie waren. Wenn das in "Zur Zeit" als Denunziation bezeichnet wird, könnte es auf eine Distanzierung vom Nationalsozialismus schließen lassen, die man ebenso überrascht wie erfreut zur Kenntnis nehmen möchte. Und so geht es weiter im Text. Nicht die Aufarbeitung der Geschichte ist abzulehnen, wenn sie nur richtig aufgearbeitet wird, sehr wohl aber die zynische Art wie heimattreue Menschen nachträglich zu gemeinen Verbrechern gemacht werden. Gewiss, Heimattreue ist nicht automatisch mit gemeinem Verbrechertum gleichzusetzen, es sei denn, man versucht es eben auf die zynische Art, in der ewig Unbelehrbare die Erinnerung an ihnen peinliche Tatsachen zu denunzieren versuchen.

Wozu es eigentlich gar keinen Grund gäbe, denn: Nimmt man in der Not nicht oft Hilfe an, ohne sich im einzelnen zu überlegen, aus welchen Gründen sie gewährt wird oder ob sie auf lange Sicht gesehen auch wirklich gut ist? Bergfexe, die nicht im einzelnen überlegen, denen geschah dann halt, daß sie in doppelter Weise - von der nationalsozialistischen Diktatur und von den Siegern - mißbraucht und getäuscht wurden. Allein, ohne die Sieger, hätten die Nazis so viel Missbrauch nicht geschafft.

Nicht weniger rührend als die Sorge von "Zur Zeit" um von den Siegern missbrauchte Kletterer war Donnerstag die Sorge der "Kronen Zeitung" um von der SPÖ missbrauchte Genossen. Ein Bettelbrief erreicht dieser Tage alle Mitglieder der Wiener SPÖ. Man bittet darin um eine kleine Spende und erinnert gleichzeitig daran, dass man demnächst auch den Mitgliedsbeitrag anzuheben gedenkt. Das konnte die "Krone" - Hort und Schild der von ihrer Partei ausgesackelten Genossen - nicht auf sich beruhen lassen. Ist die SPÖ schon ein derartiger Armutschkerlverein, dass sie den Klingelbeutel herumreichen muss?

Die SPÖ ist vermutlich nicht die einzige Partei, die Mitgliedsbeiträge einhebt und ihre Mitglieder um darüber hinausgehende Spenden ersucht. Aber wenn es um die Befindlichkeit des kleinen Genossen geht, lässt sich ein "Krone"-Redakteur von niemanden daran hindern, sich in dessen Inneres zu versetzen. Oder besteht, wie manche Mitglieder argwöhnen, gar ein Zusammenhang mit der Unterschlagungsaffäre in Döbling vor zwei Jahren?

Ohne jeden Versuch, sich diese Frage von manchen Mitgliedern auch beantworten zu lassen, nimmt ihnen der Schreiber die journalistische Arbeit des Argwöhnens ab. Manch einfaches SP-Mitglied sieht allerdings nicht ein, dass es für die Missetat eines Partei-"Freundes" gerade stehen muss. Aber so lange das Geld des Armutschkerlvereins für Inserate in der "Krone" reicht, wird sich die Aufregung manch einfachen SP-Mitglieds in Grenzen halten, gewohnt, wie es so manche Missetat eines Partei-"Freundes" ist.

Schlimmer war nur noch, was sich deutsche Banker von "Krone"-Lesern bloß wegen 55 falsch verbuchter Euro-Milliarden sagen lassen mussten: Schickt es zum Teufel, das Gesindel, vertreibt es mit der "nassen Windel". Da kam die SPÖ noch gut weg. (Günter Traxler/DER STANDARD; Printausgabe, 5./6.11.2011)