Ankara - Monatelang vergewaltigten zwei Dutzend Männer in der Osttürkei eine 13-Jährige. Nun entschied das höchste Berufungsgericht des Landes, dass die Täter nur Mindeststrafen erhalten dürften - da das Mädchen den Geschlechtsverkehr selbst gewollt habe. Das Urteil sorgt nicht nur unter Frauenrechtlerinnen für Empörung.

Der Fall spielte sich bereits im Jahr 2002 ab. Zwei Zuhälter brachten die teils angesehenen Bürger, etwa den Chef der örtlichen Landwirtschaftskammer, zu dem Mädchen.

Chancen vor dem Berufungsgericht

Schließlich konnte sie flüchten, Anwälte kümmerten sich um den schwer traumatisierten Teenager und deckten die Affäre auf - die aber gar nicht so schlimm gewesen sei, urteilte das Gericht: Gutachter erklärten, sie hätte zu den Vergewaltigern auch Nein sagen können, habe aber mit dem Sex Geld verdienen wollen. "Das sind die Fantasien dieser Männer", schimpfte die Frauenrechtlerin Hülya Gülbahar: "Sie denken, ein 13-jähriges Mädchen wolle unbedingt mit 60-jährigen Männern Gruppensex treiben."

In Ankara hagelte es nach dem Urteil Kritik von allen Parteien, auch die Regierung distanzierte sich. Es gibt aber die Chance, dass der Richterspruch noch von der Großen Kammer des Berufungsgerichts geändert wird. (APA, DER STANDARD, Printausgabe, 5./6.11.2011)