Wien - Dem Premierenreigen der Ehetragödie Das weite Land (Wien, München, Klagenfurt) setzt das Bernhard Ensemble eins drauf. In Weit. Way.Land verhilft die Gruppe Schnitzlers Seelenstudie, die im bürgerlichen Korsett moralische Entgrenzungsmanöver vornimmt, mit ungewöhnlichen Mitteln zu neuer Vitalität.

Im Off-Theater in der Kirchengasse haben die Regisseure Grischka Voss und Ernst Kurt Weigel das Jahrhundertwendedrama mit Motiven von David Lynchs Film Lost Highway verknüpft. Das hebt den Subtext des Dramas hervor: Voss als Mutter im Shrek-Gewand und zugleich als Mystery-Figur, die das peinvolle unterbewusste Leben der Eheleute (mittels zugespielter Videokassetten) freilegt. Kristina Bangert als Hollywood-Schönheit (Genia bzw. Renée aus Lost Highway) sowie als Hüttenwirtin (Szenen am Völser Weiher), die den Gästen aus der Stadt perverse Workshops anbietet: kontrollierter Waldbrand (!), auch so eine unbewusste Fantasie.

Glühbirnenfabrikant Friedrich Hofreiter (Weigel) macht hier Geschäfte mit illegalen Lichtquellen für Libyen. Und Kajetan Dick switcht famos zwischen dem zwänglerischen Mauer und dem zum osteuropäischen Videokünstler mutierten Korsakow (bei Schnitzler war er noch russischer Pianist). Mit dem Biokistl (Hofreiter: "Ist das Biokistl schon da?") werden die Hofreiters endgültig einem Bobotum zugeschrieben, das seine Gefühlsnöte (Geldnöte gibt es ja keine) hinter politisch korrekten Manifestationen pflegt. (Margarete Affenzeller, DER STANDARD - Printausgabe, 5./6. November 2011)