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Den ÖBB zufolge ist die Anerkennung von Mitbewerber-Tickets wettbewerbsrechtlich aufgrund möglicher Kartellbildung ausgeschlossen.

AP Photo/Rogelio Solis

Wien - Angesichts des bevorstehenden Starts der privaten Bahngesellschaft Westbahn auf der Strecke zwischen Wien und Salzburg hat der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) eine gegenseitige Anerkennung von Fahrkarten zwischen den ÖBB und dem privaten Mitbewerber gefordert. Die Westbahn unterstützt diese Forderung. Die ÖBB betonten, dass dieses Vorhaben gesetzlich nicht umsetzbar sei. Dem widerspricht jedoch die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB).

Schon vor Monaten habe die Westbahn den ÖBB vorgeschlagen, Tickets des Mitbewerbers gegenseitig anzuerkennen, was von den ÖBB abgelehnt worden sei, hieß es in einer Pressemitteilung der privaten Konkurrenz. "Eine kurzsichtige Entscheidung, denn von einem attraktiveren und einfacherem Angebot für die Kunden würden alle Anbieter profitieren", zeigt sich Westbahn-Geschäftsführer Stefan Wehinger überzeugt. Eine Einigung bis 11. Dezember sei nun nicht mehr zu erzielen, das Angebot der Westbahn gelte aber weiterhin.

BWB sieht keine kartellrechtlichen Bedenken

Laut ÖBB ist die Anerkennung von Mitbewerber-Tickets wettbewerbsrechtlich aufgrund möglicher Kartellbildung ausgeschlossen. Die Staatsbahnen weisen in einer Aussendung auf die Verkehrsverbünde hin, jene Plattform, in der die gegenseitige Anerkennung von Tickets unterschiedlicher Verkehrsunternehmen geregelt ist. "Eine Forderung zur Anerkennung der Tickets außerhalb der Verbünde ist aus Kundenperspektive nachvollziehbar. Die rechtlichen Rahmenbedingungen lassen dafür jedoch - aufgrund möglicher Preisabsprachen und Kartellbildung - keinen Platz", so die ÖBB.

Für die BWB ist die Rechtsansicht der ÖBB, wonach eine gegenseitige Ankerkennung von Zugtickets wettbewerbsrechtlich unzulässig sei, nicht nachvollziehbar. "Die Anerkennung wäre kartellrechtlich durchaus möglich", sagte Behördensprecher Stefan Keznickl.

"Systemische Schwächen" im Vergleich mit Schweiz

Laut VCÖ seien Fahrgäste in Österreich mit verschiedenen Ticketsystemen und einem Tarifdschungel konfrontiert. Es fehlt ein bundesweiter Taktfahrplan, ein einheitliches Ticketing-System und eine koordinierende Stelle, "die darauf achtet, dass die Liberalisierung den Fahrgästen und dem Gesamtsystem Öffentlicher Verkehr zugutekommt", sagte Expertin Bettina Urbanek.

Eine vom Verkehrsclub veröffentlichte Studie macht darauf aufmerksam, dass der Öffentliche Verkehr in Österreich im Vergleich zu anderen europäischen Ländern zwar gut abschneidet, im Vergleich zur Schweiz aber "systemische Schwächen" zeigt, erläuterte Urbanek. In der Schweiz sei die Zahl der Bahnverbindungen in den vergangenen Jahren massiv erhöht worden, was auf die dort geltenden verkehrspolitischen Maßnahmen zurückzuführen sei.

Die Schweiz hat u.a. eine Lkw-Maut auf allen Straßen, Diesel wird höher besteuert als Benzin, es gibt Verkehrserregerabgaben (Unternehmen wie Einkaufszentren, die viele Parkplätze haben und Verkehr generieren, müssen Abgaben leisten, Anm.) und es gibt ein klares Bekenntnis der Parteien zur Verbesserung und zum Ausbau des Öffentlichen Verkehrs, so der VCÖ. Nicht zuletzt wird von der öffentlichen Hand deutlich mehr in die Bahn investiert als in Österreich (4,5 Milliarden Franken - also 3,70 Milliarden Euro - jährlich im Vergleich zu 1,5 Milliarden Euro hierzulande).

Elektronisches Ticketing gefordert

Zumindest wichtige Städte sollten im Zwei-Stunden-Takt miteinander verbunden sein. Ähnlich wie in anderen EU-Staaten solle rasch mit der Einführung von elektronischem Ticketing (papierlose Fahrkarte) begonnen werden. Dafür fehlt aber eine koordinierende Stelle auf Bundesebene. Durch die Liberalisierung erhalten Regeln zur "Integration der Angebote neuer Unternehmen in den Taktfahrplan, für die Anschlusssicherheit und für Mindestversorgungsstandards" eine besondere Bedeutung.

Die Zahl der Fahrgäste wird nach Überzeugung des VCÖ auch in den kommenden Jahren weiter steigen. "Nicht zuletzt aufgrund steigender Erdölpreise", meinte Urbanek. (APA)