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Jon Corzine

Foto: Reuters

Jon Corzine hatte, was den meisten Investoren seit geraumer Zeit fehlt: Vertrauen in die Lösungsfähigkeit der europäischen Schuldenstaaten. Genau dieses Vertrauen wurde dem Chef des US-Wertpapierhandelshauses MF Global aber zum Verhängnis.

MF Global spekulierte darauf, dass die Europäer ihre Defizitprobleme rasch in den Griff bekommen würden und deckte sich um mehrere Milliarden Dollar mit vermeintlich günstigen Anleihen von Spanien, Irland, Portugal oder Italien ein. Blöderweise verloren die Papiere weiter an Wert.

Die nunmehrige Pleite von MF Global bedeutet für den 64-jährigen Corzine das vorläufige Ende einer Karriere, die alle Höhen und Tiefen sah. Bei der berüchtigten Investmentbank Goldman Sachs arbeitete er sich vom einfachen Händler bis an die Bankspitze vor. In den 90er-Jahren war er ein gefragter Mann, leitete unter anderem eine Expertenkommission unter US-Präsident Bill Clinton. Laut US-Medienberichten kam es dann 1999 zum Zerwürfnis mit dem damaligen Goldman-Co-Chef Henry Paulson, der später Finanzminister im Kabinett von George W. Bush werden sollte.

2000 folgte schließlich der Wechsel Corzines in die Politik. Er kandidierte für den Senatssitz des Bundesstaates New Jersey - und setzte sich gegen seinen republika- nischen Konkurrenten durch.

Damit war der politische Aufstieg aber noch nicht abgeschlossen. 2006 wurde der Demokrat zum Gouverneur von New Jersey gewählt. Während seiner Amtszeit schaffte erstmals seit 40 Jahren ein US-Bundesstaat die Todesstrafe ab. Das politische Aus brachte die Wahl 2009, die er gegen den Republikaner Chris Christie verlor.

Eine Zeit lang wurde Corzine als Nachfolger von US-Finanzminister Timothy Geithner gehandelt, über den es immer wieder Rücktrittsgerüchte gibt. Im März 2010 entschied er sich, den Chefposten bei MF Global anzutreten. Unter seiner Führung wurde das Geschäftsmodell neu aufgestellt. Bis dahin handelte MF Global im Kundenauftrag an den Börsen und kassierte dafür Gebühren. Corzine versprach sich größere Gewinne durch Geschäfte im Eigenhandel. Offenbar wurde für die Eigengeschäfte aber auch auf Kundengelder zurückgegriffen. Einwände gegen die Geschäfte ließ er laut Wall Street Journal nicht gelten. Einige Aufträge, welche Anleihen zu kaufen seien, soll er sogar persönlich über seine Sekretärin veranlasst haben. (Günther Oswald, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 4.11.2011)