Paris - Ein Berufungsprozess gegen zwei Einrichtungen von Scientology hat am Donnerstag in Paris begonnen. Ihnen wird vorgeworfen, Anhänger psychisch unter Druck gesetzt zu haben, um sich an ihnen zu bereichern. In erster Instanz waren die beiden Einrichtungen - das in Paris ansässige Celebrity-Zentrum und seine Buchhandlung - im Oktober 2009 zu Geldstrafen von insgesamt 600.000 Euros verurteilt worden.

Der Anwalt der gegen Sekten ankämpfenden Organisation Unadfi, Olivier Morice, hofft, dass in dem bis zum 1. Dezember dauernden Prozess die "Methoden und Techniken" verurteilt werden, mit denen sich die Scientology-Bewegung an ihren Mitgliedern bereichert. Scientology sei ein "Unternehmen", argumentiert Morice. Dessen wichtigstes Ziel sei es, an das Vermögen seiner Anhänger zu gelangen. Der erste Prozess war durch die Strafanzeige einer Frau ins Rollen gekommen, die rund 20.000 Euro für Bücher, Medikamente und "Kommunikationskurse" der Organisation gezahlt hatte.

Haft auf Bewährung

Der Leiter des französischen Scientology-Ablegers, Alain Rosenberg, bekam eine zweijährige Haft auf Bewährung und 30.000 Euro Geldstrafe auferlegt. Vier andere Anhänger der Scientology-Bewegung erhielten ebenfalls Bewährungs- beziehungsweise Geldstrafen. Dagegen hatten sie Berufung eingelegt.

Im ersten Verfahren hatte die Anklage auch die Auflösung der Scientology-Organisationen in Frankreich verlangt. Dies war aber unmöglich, weil im Mai 2009 - einige Monate vor der Urteilsverkündung - eine Gesetzesänderung verabschiedet worden war, die Sekten vor Auflösung schützte. Seither ermöglicht ein neues Gesetz zwar die Auflösung von sektenähnlichen Organisationen, die wegen Betrugs verurteilt wurden. Diese Neuregelung kann aber nicht rückwirkend und somit nicht auf die Scientology-Bewegung angewandt werden.

Die 1954 gegründete Scientology-Bewegung gilt in den USA als Religion, in Frankreich wird sie hingegen als Sekte eingestuft. In Österreich ist Scientology weder eine anerkannte Religionsgemeinschaft noch eine eingetragene Bekenntnisgemeinschaft. Die Organisation beansprucht weltweit rund zwölf Millionen Mitglieder, davon 45.000 in Frankreich. Bekannteste Vertreter sind die Hollywoodstars Tom Cruise und John Travolta. (APA)