Hat man in den letzten Wochen und Monaten die Nachrichten verfolgt, bekommt man den Eindruck, das offizielle Österreich befinde sich auf einer Mission. (Fast) jeder der etwas zu sagen hat, oder zumindest jeder, der das glaubt und der irgendjemanden findet, der ihm zuhört, scheint sich berufen zu fühlen, die Demokratie in Österreich zu retten. Ob es nun die aktuellen Politiker oder ihre Kollegen in Pension sind. Vorschläge zur Bekämpfung der viel besprochenen Politikverdrossenheit im Land sind keine Mangelware. Aber interessiert das die, die eine funktionierende Demokratie eigentlich ausmachen überhaupt und dringen die verzweifelten Versuche der Politiker, sich selbst wieder attraktiv zu machen zum Wähler durch?

Leider hat man nicht wirklich das Gefühl. Warum die „Wutpensionisten" rund um Erhard Busek, Hannes Androsch und Johannes Voggenhuber erst jetzt versuchen etwas zu ändern, zeigt aber auch schon einen der Gründe dafür auf. Die Alten haben es sich mit Demokratie- und Bildungsbegehren zum Ziel gesetzt, die Politik wieder interessanter und für die Wähler nachvollziehbarer zu gestalten. Warum haben sie aber nicht schon während ihren aktiven Karrieren wichtige Themen angepackt und etwas verändert? Anscheinend traut sich in der österreichischen Politik niemand etwas, solange er sich dafür bei seinen Wählern verantworten muss. Halbherzige Lösungen sind bei unseren Volksvertretern besonders beliebt. Da reicht die Palette vom durchwurschteln beim Nichtraucherschutz bis zum nicht zufriedenstellenden Lobbyistengesetz, das es zum Beispiel den Kammern erlaubt, weitgehend ungestört weiter zu „lobbyieren". Nur niemandem auf die Füße steigen, scheint oft das Motto zu sein.

Ein weiteres Problem ist wohl, dass man sich in der österreichischen Politik gegenseitig keine Erfolge gönnt. „Was die anderen machen, ist grundsätzlich schlecht", wird der Öffentlichkeit bei jeder sich bietenden Gelegenheit suggeriert. Jüngstes Beispiel ist der immer lauter werdende Ruf nach mehr direkter Demokratie. Grüne, FPÖ und BZÖ fordern genauso wie Busek und Co., dass erfolgreiche Volksbegehren verpflichtend zu Volksabstimmungen führen sollen. Davon, dass es in diesem Punkt schon zu einer Zusammenarbeit gekommen ist, hat man jedoch noch nichts gehört. Wie so oft unterstreicht man auch hier lieber die Unterschiede, statt nach Gemeinsamkeiten zu suchen.

Da wundert es auch nicht, wenn die österreichischen Politiker laut einer neuen Umfrage nicht den Erwartungen der Wähler entsprechen. Ehrlich, unbestechlich, kompetent und gerecht sollten sie sein. Erfüllt werden diese Vorstellungen jedoch weder von den Vertretern der Regierung, noch von jenen der Opposition. Sich immer nur an den anderen abzuputzen, hilft also offensichtlich nichts. (derStandard.at, 3.11.2011)