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3.11., 12:50 Uhr

Ganz überraschend ist es nicht, wenn der griechische Ministerpräsident Giorgios Papandreou vor dem Rücktritt steht. Noch tagt die Regierung in Athen. Aber es ist nach der dramatischen Nacht in Cannes klar, dass er gehen muss.

Und zwar nicht, weil irgendwelche bösen EU-Mächte in Brüssel, Paris oder Berlin das aus reiner Macht- und Geldgier ausgeheckt hätten, um die Demokratie in Griechenland zu beschädigen, wie das die Anhänger der großen Weltverschwörungstheorien in diesen Tagen gerne behaupten. Ein besonders übles Stück diesbezüglich hat etwa die „Presse" in einem Leitartikel jüngst geliefert.

Darin wird in Zusammenhang mit der von Papandreou angekündigten Volksabstimmung zum Euro-Paket (ohne jede Konsultation mit den Euro-Partnern und wohl auch seiner eigenen sozialistischen Parteifreunden in Athen, die ihn jetzt gerade stürzen) daherschwadroniert, eine „in Brüssel ansässige, überschaubare Gemeinschaft der Berufseuropäer" versuche, ihre Ideologie durchzudrücken. Eine solche „Glaubenskongregation" würde dogmatisch alle Andersdenken (gemeint sind offenbar die reinen Vertreter der Demokratie und des Volksentscheids), die Nicht-Gläubigen zum Schweigen bringen wollen.

Ja, ja, fehlt nur noch der Hinweis, dass die bösen Freimaurer, Bilderberger und eh schon wissen die Welt regieren! Wer in Wien gelebt hat weiß, dass solches Gesudere immer auch mit einer Prise Antisemitismus gewürzt ist. Schaurig. Vor allem aber von der Sache und den Abläufen her von einer abenteuerlichen Unkenntnis der Vorgänge in der Regierung Papandreou und beim Zustandekommen der Euro-Rettungsmaßnahmen geprägt.

Der Ministerpräsident ist in erster Linie an sich selber gescheitert; in zweiter Linie an seiner eigenen Partei; dann auch daran, weil es ihm nicht gelungen ist, in einer Phase absoluten nationalen Notstands (der besteht in Athen seit Erklärung der de facto Zahlungsunfähigkeit Seit Mai 2010) zu Hause andere Partner und Parteien für eine Sanierungspartnerschaft in der Regierung zu gewinnen. Abgesichert durch Mehrheit im Parlament, das ist das Wesen der repträsentativen Demokratie in Griechenland, die seit dem Sturz der Militärdiktatur 1974 (!) noch kein Referendum gesehen hat.

Und schließlich, was das Wichtigste ist: Papandreou hat es nicht geschafft, eine Mehrheit der griechischen Bevölkerung auf seine Seite zu ziehen, ihr klarzumachen, worum es geht, wie ernst die Lage ist, dass das Land Gefahr läuft zusammenzubrechen, wenn eine strukturelle Sanierung mit einer der Höhe nach bisher ungesehenen Milliardenhilfe der Europartner nicht gelingt.

Es könnte ja wohl nicht angehen, dass die EU-Partner und der IWF hunderte Milliarden nach Athen überweisen, die damit verbundenen und versprochenen Reformmaßnahmen aber ausbleiben (oder einseitig abgeändert werden).

Seine Flucht in eine Volksabstimmung am Montag war der letzte Versuch, die eigene Haut und den Erhalt der Macht zu retten. Das ist offenbar total missglückt.
Die Vorgänge, die dazu geführt haben, habe ich in den vergangenen Tagen in diesem Blog bereits beschrieben. Trotzdem ist nicht ein Scheitern Papandreous an sich, aber das Tempo, in dem sich das nun vollzieht, schon verblüffend. Was hat den Ausschlag dafür gegeben?

Abgesehen von den beschriebenen schweren taktischen Fehlern des Ministerpräsidenten hat das nach meiner Beobachtung einen Hauptgrund. Bei der Pressekonferenz von Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und Kanzlerin Angela Merkel kurz vor Mitternacht war das deutlich spürbar: Papandreou hat vor seinen europäischen Partnern vollkommen das Gesicht verloren - in aller Öffentlichkeit, live vor der Weltpresse sozusagen.

Sarkozy und Merkel haben brutal offengelegt, dass er sie getäuscht hat, als er vergangenen Donnerstag in den Morgenstunden beim Eurogipfel in Brüssel zwar der Aufstockung des gigantischen Hilfs- und Schuldennachlasspaketes für sein Land (Volumen: 230 Milliarden Euro) zustimmte. Dabei hat er aber kein Sterbenswörtchen davon gesagt, dass diese Beschlüsse seiner Regierung in Athen einen entscheidenden Pferdefuß haben: dass auch noch ein Referendum abgehalten wird, dass die Griechen das alles in Wochen oder Monaten wieder zum Einsturz bringen könnten. Bis dahin hätten weitere gut 20 Milliarden Euro vom Hilfsfonds nach Athen fließen sollen.
Wer seine Partner so täuscht wie Papandreou, der darf sich nicht wundern, wenn er dann auf öffentlicher internationaler Bühne untergeht. Er könnte in Zukunft für sein Land vermutlich nicht einmal (unbedeutende) neue Fischfangquoten mit der EU aushandeln. Ihm glaubt niemand mehr. Dass er sich aber zuletzt auch noch hinter seinem Volk verstecken wollte, machte die Sache nicht besser, sondern schlechter.

Wieder einmal zeigt sich: Das wichtigste Kapital der Politik in Europa ist Vertrauen zwischen den Partnern. Das ist die wichtigste Währung der Welt, unbezahlbar. Wenn es verspielt ist, hat man keine Basis mehr.

3.11., 0:30 Uhr: Diese Nacht in Cannes, dieser Euro-Krisengipfel in Cannes wird in die Geschichte eingehen. So oder so. "Ja, wir werden ein Ja bekommen." Davon zeigte sich der griechische Premierminister Giorgios Papandreou überzeugt, als ein Journalist ihn vor dem Festspielgebäude in Cannes fragte, wie denn die Volksabstimmung zu den Euro-Maßnahmen in seinem Land ausgehen werde.

Und er erklärte, warum er sich dafür entschieden habe, ein Referendum überhaupt abzuhalten: "Wir brauchen einen Konsens (zum Verbleib in der Eurozone). Der hat mit den anderen Parteien nicht existiert. Aber ich bin davon überzeugt, dass es einen breiten Konsens in der Bevölkerung gibt, das ist der Grund, warum ich ihm eine Stimme geben will." Dann stieg Papandreou lächelnd in seine Limousine, die ihn in sein Hotel brachte. Er machte nicht den Eindruck beunruhigt oder unsicher zu sein.

Donnerstag kurz nach Mitternacht. Hinter ihm lagen die wohl schwierigsten und härtesten drei Gesprächsstunden, die ein griechischer Premierminister mit den wichtigsten Partnern in der EU - Deutschland und Frankreich - je verbracht hat. Die Spitzen von EU, Eurogruppe, Zentralbank und Internationalem Währungsfonds waren zwar dabei. Als Angela Merkel und Nicolas Sarkozy jedoch vor die Kameras traten, wurde klar, wo die Macht wohnt, und dass es ab sofort um mehr und etwas anderes geht als nur um die griechischen Schuldenprobleme; es geht um eine wichtige Frage für Europa: "Die Eurozone muss stabil gehalten werden", sagte Merkel. Für die Griechen geht es ab sofort um Alles oder Nichts.

Nicht mehr darum, bei EU-Gipfels herumzutaktieren, Zeit zu gewinnen, da und dort noch ein paar finanzielle Vorteile oder Hilfen herauszuschlagen, oder unbequeme Sanierungsmaßnahmen zu vermeiden, wie in den vergangenen 18 Monaten, nein. Es geht auch nicht mehr darum, ob es nach einer eventuellen Ablehnung der mit den Europartnern verabredeten Sanierungs- und Schuldenreduzierungsmaßnahmen im Gegenzug für milliardenschwere Hilfszahlungen durch das griechische Volk neue Gespräche, andere Hilfen geben könnte.

Im Gegenteil: Die deutsche Kanzlerin und der französische Präsident drückten in einer Härte aus, dass für Griechenland der Zeitpunkt gekommen ist, über ihre Mitgliedschaft im Euro und in der EU zu entscheiden, wie man das gegenüber einem EU-Land noch nie erlebt hat. Merkel sprach nicht umsonst von einer "außerordentlich ernsten Situation".

Und sie hielt nicht hinter dem Berg, dass aus ihrer Sicht niemand anderer als Papandreou dafür verantwortlich sei, der mit der Ankündigung eines Referendums über das erst vergangene Woche vereinbarte Hilfspaket eine "psychologisch massiv veränderte Situation" heraufbeschworen habe: "Die Beschlüsse waren richtig." Daher stehe man jetzt vor der Stunde der Entscheidung. "Beim Referendum geht es um nichts anderes als die Frage, ob die Griechen den Euro wollen - Ja oder Nein", so Merkel.

Das war ein Tabubruch. Das hat bisher noch kein EU-Regierungschef so gesagt, schon gar nicht einer vom politischen Gewicht Merkels. Ihre Aussagen bedeuten nichts anderes, als dass es eine Eurozone ohne Griechenland geben kann, was man bisher für undenkbar hielt. "Wir sind gewappnet", antwortete sie auf die Frage, wie es dann in Euroland weitergehe. Darüber hatte sie sich ab 17 Uhr in einem Gespräch mit den Partnern (noch ohne Papandreou) abgestimmt.

Dieses Referendum wird bereits am 4. Dezember stattfinden. Diese politische Bombe hatte Sarkozy als erster platzen lassen, als er die Pressekonferenz nach der Sitzung eröffnete. Gleichzeitig kündigte er an, dass der Internationale Währungsfonds und die Europartner an sofort die Auszahlung der Kredithilfen für die Griechen einstellen.

Das müssten sie auch, bekräftigen Sarkozy und Merkel, so sähen es die Regeln vor. Man wolle den Griechen helfen, aber das sei nur möglich, wenn sie sich an die Regeln hielten. Dazu gehöre, sich an Vereinbarungen zu halten. Das habe man Papandreou bei den Gesprächen "in einer ungewöhnlichen Ernsthaftigkeit, aber auch freundschaftlich" deutlich gemacht.

Papandreou sprach in seiner Erklärung auch davon, dass Mitglieder der Eurozone "einerseits viele Rechte haben, aber auch viele Pflichten". Die Griechen seien Teil der Eurozone, "aber jetzt sei es wichtig, dass die griechische Bevölkerung eine Entscheidung treffe". Daher eben die Volksabstimmung.

Wohl um zu demonstrieren, dass man die Griechen auf keinen Fall fallen lassen will, werden sich die Finanzminister von Deutschland und Frankreich noch heute zusammensetzen, um über die Beschleunigung des Hilfspaketes für Griechenland - Investitionen in Infrastrukturen - zu beraten.

Nun wird es spannend werden, ob es wirklich zum Referendum kommt. Sicher ist das gar nicht. Papandreou muss dafür im Parlament in Athen erst einmal eine Mehrheit finden. Seine Pasok-Partei hat nur mehr 152 von 300 Stimmen, und bei den Sozialisten liegen wegen des Referendums die Nerven blank. Bis Freitag dürfte es eine darüber jedenfalls Entscheidung geben. Bis dahin soll über das Euro-Paket und die Vertrauensfrage über den Verbleib des Premierministers im Amt abgestimmt werden. Gewinnt Papandreou diese Voten, dann läuft alles aufs Endspiel zu. Sagen die Griechen Ja zum Euro und zum Sparpaket, dann hätte vor allem Papandreou gewonnen - und als Ministerpräsident überlebt. Das das Spiel. Der Einsatz ist hoch: sagen die Griechen Nein, dürfte das Land wirtschaftlich und sozial ins Bodenlose fallen.

2.11., 22:30 Uhr: Wann geht Athen jetzt das Geld aus?

In einem französischsprachigen Land muss man jetzt wohl sagen: Déjà-vu. Alles schon mal da gewesen. Wie schon im September werden ab sofort wieder jede Menge öffentlicher Spekulationen losgehen, wann der griechischen Regierung das Geld ausgeht, um die öffentlichen Ausgaben zu bezahlen; ob sie die Löhne für die Beamten und die Pensionen Anfang Dezember auszahlen kann oder nicht. In wenigen Tagen? In zwei Wochen? Bis Jahresende?
Alle diese Versionen werden derzeit quer durch EU-Institutionen und Regierungszentralen kolportiert. Sehr konkret war die Aussage des Sprechers des deutschen Finanzministers in Berlin: Bis Mitte Dezember reiche das Geld noch.

Was auch immer sich am Ende als zutreffend erweisen wird: Die Verunsicherung auf den Märkten, in den politischen Schaltzentralen Europas und vor allem auch in Griechenland selber, bei den Bürgern, ist unvermeidlich, wird noch länger weitergehen.

Das ist das erste greifbare Ergebnis des Euro-Krisengipfels in Cannes. Die Sechser-Runde der EU-Spitzen mit IWF-Chefin Christine Lagarde ist zu Ende, nun sitzt die Gruppe mit dem griechischen Premier Giorgios Papandreou beim Arbeitsabendessen.

Die Debatte um die zweifelhafte Liquidität in naher Zukunft wird die unmittelbare Folge dessen sein, worauf sich die Europartner und der Internationale Währungsfonds verständigt haben: Die Hilfen aus dem Euro-Rettungsfonds werden vorläufig gestoppt. Athen kann nicht damit rechnen, dass die vor einer Woche bestätigte Auszahlung der sechsten Tranche aus dem ersten Hilfspaket von Mai 2010 auch ausgezahlt wird. Das sind 8 Milliarden Euro, 5,8 Milliarden von den Eurostaaten, 2,2 Mrd. vom IWF. Diese Aussetzung wird so lange dauern müssen, bis Klarheit herrscht, ob Griechenland die mit den Kredithilfen verbundenen und vereinbarten Sparmaßnahmen, Strukturreformen und Privatisierungen auch wirklich einhält.

So war das im September, als die Troika von EU, EZB und IWF Zweifel hatten, ob Griechenland die versprochenen Maßnahmen umgesetzt hat. Erst nach Nachbesserungen, einem auf 130 Milliarden ausgeweiteten Rettungspaket, wurde die weitere Auszahlung genehmigt. Das steht jetzt wiederum in Frage.

Warum ist das so? Die Regeln, denen der IWF statutengemäß und die EU beschlussmäßig unterliegen, statutengemäß unterliegen, sehen das so vor. Solange sie davon ausgehen konnten, dass die griechische Regierung sich an ihr Versprechen, an den von Papandreou mit den Europartnern gemeinsam gefassten Beschluss, hält und umsetzt, war das gesichert. Ein Referendum war nicht vereinbart.

Eine Kredithilfe fließt nur, wenn drei Umstände erfüllt sind: die Schuldentragfähigkeit muss erfüllt sein im betreffenden Land; es muss ein Konsens im Land, bei Parteien und Interessengruppen herrschen, dass die Maßnahmen prinzipiell richtig und notwendig sind; und das Parlament muss entsprechende Gesetze beschließen.

Diese Grundregeln haben Angela Merkel und Nicolas Sarkozy Papandreou heute vorgehalten. Sie drängen ihn, das Referendum so rasch als möglich abzuhalten, damit die Phase der Verunsicherung möglichst kurz ist.

Mit einem kann der griechische Premier derzeit nicht rechnen: dass das jüngst einstimmig verabschiedete Rettungspaket ein drittes Mal zugunsten von Athen nachgebessert wird. Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker hat sich in Cannes in einer Sitzungspause festgelegt: „Wir werden nicht akzeptieren, dass irgendjemand von diesem Beschluss abgeht."

2.11., 19:15 Uhr: Sarkozy wirkt wie versteinert, Eurohilfen werden gestoppt

Seit etwas mehr als einer Stunde sitzen die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy jetzt schon mit den Spitzen von EU-Kommission, Europäischem Rat, Internationalem Währungsfonds und EZB zusammen. Auf der einen Seite des Tisches Merkel und Sarkozy, auf der anderen Seite José Manuel Barroso, Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker, Herman Van Rompuy, Christine Lagarde und - laut deutschen Angaben ein EZB-Direktor, offenbar in Vertretung seines neuen Chefs Mario Draghi, der heute ein Frankfurt seine erste Sitzung als EZB-Präsident leiten musste.

Sie beraten bei einem Euro-Krisengipfel in der sogenannten "Frankfurter Formation", benannt nach der spontanen Zusammenkunft in der Frankfurter Oper bei der Verabschiedung von EZB-Chef Jean-Claude Trichet Mitte Oktober. Diese sechs Personen, das ist die eigentliche Führung Europas derzeit, erweitert um IWF-Chefin Lagarde, die bis Juni französische Finanzministerin war.

Die Gesichter zu Sitzungsbeginn sprachen Bände. Die Stimmung ist äußerst geladen. Merkel bemühte sich redlich um Freundlichkeit, lächelte, Smalltalk mit Lagarde. Neben ihr saß Sarkozy - mit steinerner Miene. Er sagte nichts, keine Floskeln, nur gespannte Erwartung.

Um 20.30 wird dann der griechische Premierminister Giorgios Papandreou dazustoßen. Ob sein Finanzminister Evangelos Venizelos mitkommt, ist derzeit unklar. Er soll eine Blinddarmreizung haben, vielleicht sogar eine Entzündung. Die Euro-Gewaltigen und die (beiden) Griechen sollen dann bei einem Abendessen über das Krisenmanagement beraten und wie es nach der Ankündigung eines Referendums über die Eurohilfen mit Griechenland weitergehen soll.
Noch ist offiziell nicht viel Konkretes aus dem Saal an die Öffentlichkeit gedrungen. Aber zwei Dinge zeichnen sich ab:

Papandreou darf sich auf eine ordentliche Standpauke einstellen. Merkel und Sarkozy nehmen ihm sehr übel, dass er bei der mühsamen Verabschiedung des Hilfspakets am vergangenen Donnerstag in den Morgenstunden nichts von einem Referendum gesagt hat. Sie fühlen sich auf Wienerisch gesagt "gelegt".


Sarkozy soll fuchsteufelswild sein. Frankreich dürfte mit Merkel eine harte Linie gegen Athen forcieren: Vorläufig kein weiteres Hilfsgeld mehr für Athen. Die (an sich fällige und beschlossene) sechste Tranche an Eurohilfen im Gesamtumfang von 8 Milliarden Euro wird auf Eis gelegt. Experten von EU und IWF erklären hier im Kongresszentrum bereits, dass dies anders gar nicht möglich wäre, weil die Statuten des IWF Sicherheiten verlangen: Keine Kredithilfen, wenn Vereinbarungen nicht eingehalten werden. Papandreou, so die Lesart, hat seine eigenen Zusagen vor einer Woche in die Luft gesprengt, indem er die Zusage seiner Regierung beim Europäischen Rat an eine (spätere) Volksabstimmung knüpft, mit der keiner gerechnet hat.

Die zweite harte Auflage, die er jetzt bekommt heißt. Das Referendum muss raschest, noch vor Weihnachten stattfinden; und die Griechen sollten nicht nur über die Hilfen abstimmen, sondern darüber, worum es eigentlich geht: Ob sie im Euroraum bleiben wollen oder nicht, was gemäß dem EU-Vertrag sogar bedeutet, ob sie aus der EU ganz ausscheiden oder nicht. Denn ein Euro-Austritt oder -rauswurf ist im EU-Vertrag nicht vorgesehen. Ein Austritt eines Landes aus der EU auf dessen eigenen Wunsch hin oder ein Rauswurf, wenn ein EU-Land gegen die Grundrechtscharta verstößt, aber sehr wohl.

Das wird noch ein aufregender Abend hier in Cannes, und eine lange Nacht. Merkel, heißt es, wird vor Mitternacht vor die Presse treten.