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Papandreou will, dass das Volk über die EU-Rettung entscheidet.

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Giorgos Papandreou zeigte sich nach der Kabinettssitzung sichtlich erleichtert.

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Berlin/Paris/Athen/Cannes - Nach dem umstrittenen Referendums-Coup des griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou drängen Deutschland und Frankreich auf einen Volksentscheid noch in diesem Jahr. Dies machten Regierungsvertreter in Berlin und Paris am Mittwoch unmittelbar vor dem kurzfristig anberaumten weiteren Krisengipfel deutlich. Das deutsche Finanzministerium erklärte zur Auszahlung der nächsten Hilfstranche von 8 Mrd. Euro, Griechenland brauche erst Mitte Dezember wieder Geld. Zugleich betonte Ministeriumssprecher Martin Kotthaus, es sei offen, ob dieses Geld vor dem Referendum überwiesen werden könne.

Frankreichs Europaminister Jean Leonetti legte gleichfalls ein Referendum noch in diesem Jahr nahe. Gefragt, ob ein Datum bis Mitte Dezember notwendig sei, sagte er: "Es wäre wichtig, dass die Dinge in diese Richtung entschieden werden." Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert appellierte zudem an die Verantwortung der Regierung in Athen: "Die Zeit bis zum Referendum darf weder für Griechenland noch für die Euro-Zone eine verlorene Zeit sein", sagte er. "Das können wir uns in dieser internationalen Situation nicht leisten." 

 

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso hat Griechenland davor gewarnt, dass es ohne Hilfe von Europäischer Union und IWF "unabsehbare Konsequenzen" für das südliche Euro-Land geben könnte. Er appelliere "dringlich und innig" an die nationale und politische Einigkeit in Griechenland, sagte Barroso am Mittwoch vor Beginn des G-20 Gipfels der führenden Industrienationen im französischen Cannes.

Sondertreffen

Für Mittwochabend wurde Papandreou von der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy nach Cannes zitiert, um sich zu erklären. Merkel sagte in Berlin, das mit Griechenland vereinbarte Programm müsse umgesetzt werden. "Das Notwendige wird heute mit Griechenland zu besprechen sein." An dem Treffen an der Mittelmeerküste sollten neben Merkel und Sarkozy auch die EU-Spitzen Jose Manuel Barroso, Herman Van Rompuy und Jean-Claude Juncker sowie die Präsidentin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, teilnehmen. Der neue EZB-Chef Mario Draghi ist nicht dabei. Am Donnerstag beginnt in Cannes der Gipfel der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20).

In der Nacht zum Mittwoch holte sich der griechische Premier die Rückendeckung seines Kabinetts für die Volksabstimmung. Papandreou zeigte sich zudem sicher, die für Freitag geplante Vertrauensabstimmung im Parlament zu gewinnen, um den Weg für den Volksentscheid über das Sparpaket freizumachen. "Das Referendum wird ein klares Mandat erteilen und eine klare Botschaft zugunsten unseres europäischen und Pro-Euro-Kurses senden", erklärte er.

Das erst vergangene Woche vereinbarte neue Rettungspaket umfasst Hilfszahlungen und Garantien der Euro-Staaten an Griechenland von insgesamt 130 Mrd. Euro. Hinzu kommt ein Forderungsverzicht der Banken von 50 Prozent, was einer Entschuldung Griechenlands um 100 Mrd. Euro entspräche. Die deutschen Banken halten es allerdings für unwahrscheinlich, dass dieser Schuldenschnitt vor der Volksabstimmung umgesetzt werden könnte. "Wir sollten keine vollendeten Tatsachen schaffen, bevor das Referendum durch ist", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken, Michael Kemmer, in Berlin.

Verwirrung

Auch der japanische Finanzminister Jun Azumi kritisierte Papandreous Ankündigung, die die globalen Finanzmärkte am Dienstag abstürzen ließen. "Jeder ist verwirrt", sagte Azumi. Am Mittwoch lag der deutsche Aktienindex DAX allerdings wieder etwas im Plus, nachdem er am Dienstag rund fünf Prozent abgegeben hatte.

Übersteht Papandreou die Vertrauensabstimmung, könnte das Referendum Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres stattfinden. Allerdings verfügt seine sozialistische Partei Pasok im Parlament nur noch über 152 der insgesamt 300 Mandate. Auch in der Regierung ist Papandreous Kurs nicht unumstritten. "Ich denke, das war die falsche Entscheidung, und wir müssen sie zurücknehmen", sagte ein Minister, der namentlich nicht genannt werden wollte. Auch in der Bevölkerung ist die Entscheidung umstritten. "Er erpresst uns", sagte der 50-jährige Manager Yannis Aggelou.

In den Zeitungen war der Tenor am Mittwoch ähnlich kritisch: Die regierungsfreundliche "Eleftherotypia" nannte Papandreou auf ihrer Titelseite "Lord des Chaos". "Ethnos", ebenfalls eher linksorientiert, nannte das Referendum "selbstmörderisch". Umfragen legen den Schluss nahe, dass die meisten Griechen das Sparpaket ablehnen. Deshalb wird viel davon abhängen, wie Papandreou die Diskussion über das Referendum gestaltet. Der genaue Fahrplan ist noch unklar. Ebenso offen ist die genaue Formulierung der Frage, die die Griechen beantworten sollen. (APA/Reuters)