Frau Johannas Biedermeier-Kochbuch
Andrea Karrer, Johannes Hradceny
213 S., € 24,90
Residenz 2011,

Foto: Verlag

Ob wir tatsächlich in einem neuen Biedermeier leben, ist heiß umstritten. Klar, die Sehnsucht nach Rückzug aus der grauslichen Welt, wo Krieg und Krise herrschen und der Blick auf die Akteure der Politik einen mit Verzweiflung erfüllt, spricht dafür.

Auch, dass auf die Umwelt- und Naturkatastrophen mit Rückzug ins Private, mit der Besinnung auf qualitätvolle Lebensmittel und ähnliches mehr reagiert wird, deutet in diese Richtung: Viele wünschen sich eine kleinere, überschaubare Welt - oft auch eine, in der es einfache Antworten auf komplexe Probleme gibt.

Anderseits könnte das weltweite Aufbegehren, die Wiederentdeckung der Protest- und Demonstrationskultur, ob in Ägypten oder der Wall Street, schon auch einen Aufbruch aus dieser qualvollen selbstverordneten Lähmung signalisieren, hin zu mehr Bürgersinn und Verantwortung. Zu schön, um wahr zu sein?

In einem wie im anderen Fall tut es gut, sich ein neues, altes Kochbuch näher anzusehen, das faszinierende alte Biedermeier-Rezepte in neuem Licht betrachtet. Neben dem Originalrezept, etwa für "Estahahase-Roßbraten" (sic!), wird jeweils eine zeitgemäß adaptierte Version präsentiert. Falls die Revolution noch auf sich warten lässt, kann man zumindest etwas Ordentliches zu essen machen. (Severin Corti, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.10.2011)