Wolfwelpen in der sächsischen Lausitz. Ein Forschungsprojekt zeigte, dass die Tiere innerhalb ihrer Territorien sehr anpassungsfähig waren.

Foto: Bundesamt für Naturschutz

Erst elf Jahre ist es her, dass sich ein Wolfrudel aus Polen in Deutschland dauerhaft niedergelassen hat, nachdem die Art Mitte des 19. Jahrhunderts faktisch ausgerottet worden war. Heute leben wieder 12 Rudel sowie mehrere Paare und Einzeltiere in Deutschland. Ein Forschungsprojekt des deutschen Bundeamtes für Naturschutz (BfN) hat in den vergangenen drei Jahren mithilfe von GPS-Technik das Ausbreitungsverhalten der Wölfe untersucht - mit teilweise überraschenden Ergebnissen.

In der sächsischen Lausitz wurden sechs Wölfe mit GPS-Sendern ausgestattet, um herauszufinden, wie und wann Jungwölfe ihr elterliches Rudel verlassen, um sich einen Paarungspartner zu suchen und ein eigenes Territorium zu besetzen. "Das ist die erste Studie in Mitteleuropa, bei der die Wanderbewegungen mittels Satellit verfolgt und der Aufenthalt von Wölfen in ihrem Territorium untersucht wurden", erklärte BfN-Präsidentin Beate Jessel bei der Vorstellung der Ergebnisse in Bonn. Die Resultate haben auch viele Fachleute verblüfft. Wölfe können mehr als 70 Kilometer pro Tag zurücklegen. "Dabei überwinden sie nicht nur Flüsse und Autobahnen sondern sie fühlen sich auch in einer Vielzahl von Lebensräumen wohl, sofern man sie in Ruhe lässt", so Jessel.

Die Studie zeigt individuelle Unterschiede im Wanderverhalten der Tiere. Während ein junger Rüde nach 12 Monaten das Rudel verließ und in etwa zwei Monaten 1.550 Kilometer weit nach Weißrussland wanderte, blieb ein Weibchen auch noch nach mehr als zwei Jahren bei seiner Familie. Auch beim Raumbedarf zeigten sich die untersuchten Wölfe sehr individuell: Zwischen 49 und 375 Quadratkilometer Fläche wurden von ihnen genutzt, was einer durchschnittlichen Territoriumsgröße von 172 Quadratkilometer entspricht.

Besiedelung von Kulturlandschaft

Innerhalb ihrer Territorien waren die Wölfe sehr anpassungsfähig und hielten sich nicht nur in Waldgebieten sondern auch in offenem Gelände wie Heideflächen auf. Selbst längere, wenngleich seltenere Aufenthalte entlang von Verkehrswegen konnten nachgewiesen werden. Ein neben den Jungwölfen ebenfalls mit Sender ausgestattetes erwachsenes Weibchen legte keine 500 Meter von einer vielbefahrenen Strasse sogar mehrere Höhlen zur Aufzucht ihrer Jungen an.

"Wölfe brauchen also keine Wildnis, sondern sie können sich auch in unserer Kulturlandschaft sehr rasch ausbreiten und an die unterschiedlichsten Lebensräume anpassen", so die BfN-Präsidentin. "Man sollte sich deshalb überall in Deutschland auf das Erscheinen des Wolfes einstellen und auf der Grundlage von Managementplänen ein möglichst konfliktfreies Miteinander von Menschen und Wölfen sicherstellen." (red)