Es existieren Dinge, für die reichen die Worte nicht. Zumindest jene Worte nicht, die einem im ersten Moment zur Verfügung stehen. Deshalb gab es zum Beispiel schon die Wiener Gruppe, die auf ihre (literarische) Weise Sprachroutinen durchbrochen hat. Und deshalb gibt es den Kasperl, seit jeher ein Hero der Ausdruckskraft.

Der Wiener Guignol und sein Gefolge (Oma, Sepperl, Hexe & Co) begegnen den empörenden oder aufregenden Dingen des Lebens zu rechter Zeit mit ureigenen, entgrenzenden Wortschöpfungen. Was wären denn die Wutausbrüche ohne "Krawuzikapuzi!", dem kultigen Ausspruch des Pezi-Bären?!

Foto: ORF/Günther Pichlkostner

Eingebettet in das Endlosschleifen-Kinderprogramm von Okidoki hat der Kasperl nach wie vor seinen Platz im Fernsehen und pflegt dort im alten Kleid sein kunstvolles Vokabular. Am Sonntag, sieben Uhr früh, unternahmen bei "Servus Kasperl" Sepperl und Oma einen Ausflug zum Theaterflohmarkt (nicht ohne fiese Witze über das Josefstadt-Theater zu reißen!). Das junge Zahnlückenpublikum engagierte sich angesichts des Treibens auf der Puppenbühne mit bis zum Gaumenzäpfchen einsehbar aufgesperrten Mündern. Katharsis, wie es sie sonst am Theater so schnell nicht gibt.

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Die ebenfalls an Zahnlosigkeit leidende Hexe sorgte mit einem "Hokus pokus plem plem plem" für ein unfreiwilliges "Verschwindibus" der Oma. Alles, wovor man Angst hat, wird beim Kasperl gleich einmal sprachlich verkleinert. Und was unsauber ist, ebenso: Der Kasperl hat sich Omas Kuchen ins Ohr gestopft: "Pfuiwudl!" Fehler werden absichtlich eingebaut: Die Oma kauft am Theaterflohmarkt einen Sultansturban und nennt sich "Sultanine". Auch nicht verkehrt! (Margarete Affenzeller/DER STANDARD, Printausgabe, 25.10.2011)

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