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Favorit für das Präsidentenamt: Rosen Plevneliev von der proeuropäischen Gerb-Partei.

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Sofia/Istanbul - "Kauf und Verkauf von Stimmen ist ein Verbrechen" , steht am Ende der Wahlspots, die in diesen Tagen im bulgarischen Fernsehen gezeigt werden. Dieser "Packungshinweis" für die Wähler mag im Rest der EU erstaunen, doch Stimmenkauf ist eine Praxis in Bulgarien. Zwölf Prozent der Wähler wollen auch diesmal ihr Kreuz auf dem Kandidatenzettel für Bares verkaufen, heißt es in einer Studie von Transparency International, die diese Woche, kurz vor den Präsidenten- und Kommunalwahlen am Sonntag, in Sofia vorgestellt wurde.

Die Mehrheit der Befragten gab an, sie tue es aus finanziellen Gründen. Umgerechnet 25 Euro wird in den größeren Städten für eine Wahlstimme gezahlt, 15 Euro auf dem Land. Ein kleinerer Teil der befragten Wähler erklärte seine Bereitschaft zum Stimmenverkauf mit der faktischen Straflosigkeit; die Behörden würden ohnehin nicht aktiv, heißt es. Der Privatsender Nova TV hatte im Vormonat Stimmkäufer interviewt: Von ihnen erhalten Wähler bereits ausgefüllte gefälschte Stimmzettel; bringen sie den offiziellen Wahlzettel leer aus der Kabine zurück, erhalten sie das Geld.

Zwei der drei wichtigsten Präsidentschaftskandidaten haben sich bereit erklärt, die Finanzierung ihres Wahlkampfs überprüfen zu lassen: Der bisherige Minister für Regionalentwicklung, Rosen Plevneliev, und die frühere EU-Kommissarin Meglena Kuneva unterschrieben einen solchen "Integritätspakt" . Plevneliev, Kandidat der regierenden Mitte-rechts-Partei Gerb (Bürger für eine europäische Entwicklung Bulgariens), gilt bereits als sicherer Sieger. Umfragen geben ihm wenigstens 34 Prozent im ersten Wahlgang am Sonntag und 42 bis 44 Prozent bei der Stichwahl eine Woche später, am 30. Oktober.

Plevnelievs Stichwahl-Gegner dürfte der frühere sozialistische Außenminister Ivailo Kalfin sein. Kuneva, die als Parteiunabhängige ins Rennen ging, konnte allerdings in einer TV-Debatte punkten; in einer Stichwahl würde sie ebenso wie Kalfin mit etwa 20 Prozent Plevneliev unterliegen.

Dessen Popularität gründet sich vor allem auf den Autobahnbau, den er in den letzten zwei Jahren vorangetrieben hatte. Kuneva thematisierte die Korruption, Kalfin die soziale Misere. Ungeachtet der pogromartigen Ausschreitungen gegen die Roma zu Monatsbeginn, die von rechtsextremen Gruppierungen angefacht und ausgenutzt wurden, scheint der Führer der Ataka-Partei, Volen Siderov, keine Chance zu haben, wie 2006 in die Stichwahl zu kommen. (Markus Bernath /DER STANDARD, Printausgabe, 22.10.2011)