Theresa Timnik (22) wird ihren BA in diesem Semester abschließen. Danach möchte sie am liebsten beim Film oder als Nachrichtensprecherin arbeiten.

Foto: Timnik

Karin Engel* (24) studiert seit sechseinhalb Jahren "Ökologie" an der Uni Wien. Noch in diesem Semester möchte sie ihr Diplom schaffen. Vom universitären Betrieb wird sich Karin aber vorerst nicht verbschieden, schließlich hat sie quasi nebenbei auch das Lehramt "Biologie und Geographie" inskribiert. Wann hier der Abschluss gelingen wird, ist allerdings ungewiss. "Die Hoffnung auf einen sinnvollen Job, bei dem ich etwas bewirken kann und meine leicht idealistische Ader", nennt sie als ausschlaggebende Gründe für die Wahl ihrer Studienrichtungen.

Ähnlich argumentiert Stephan Schlögl (25), Diplomand der "Internationalen Entwicklung" im vierzehnten Semester. "Ich habe mich wohl aus jugendlichem "Weltverbesserungsinstinkt" für IE entschieden. Außerdem möchte ich später etwas Sinnvolles tun, mit dem ich mich identifizieren kann", erklärt der gebürtige Oberösterreicher aus Steyr. 

Weniger hehre Ziele verfolgt die Münchnerin Theresa Timnik (22), die derzeit am Fachbereich Kommunikationswissenschaft an der Uni Salzburg ihren BA absolviert.
Zunächst studierte sie in Augsburg BWL, wobei ihr relativ rasch klar wurde, dass Wirtschaft nicht das passende Fach ist. "Nur rechnen und auswendig lernen war überhaupt nicht mein Ding. Ich habe es einfach vermisst, selber Dinge zu schreiben und auch mal kreativ zu sein. KOWI schien daher super passend - vor allem in Salzburg, wo das Studium eine starke sozialwissenschaftliche Komponente aufweist", erklärt die 22-jährige Münchnerin.

Wichtiges Kriterium: "Vitamin B"

Laut der bislang letzten Studierenden-Sozialerhebung vom Institut für höhere Studien (IHS) hat nur rund ein Fünftel der Studienanfänger der Geistes- und Kultur- (19 Prozent) sowie Naturwissenschaften (20 Prozent) eine konkrete Vorstellung davon, welche berufliche Tätigkeit sie nach ihrem Abschluss erwartet. Bei Veterinär- und Humanmedizinern fällt der entsprechende Anteil mit 72 beziehungsweise 54 Prozent deutlich höher aus. Lehramtskandidaten verfügen zu 68 Prozent über ein klares Berufsbild.

Karin Engel, die sich am Ende ihres Ökologiestudiums befindet, hat noch keine eindeutige Entscheidung getroffen. Am liebsten wäre ihr ein Job als Lehrerin oder Umweltwissenschafterin; idealerweise sogar beides. "Oder was ganz anderes - Hauptsache einen Job, der Sinn ergibt, mich fordert und glücklich macht", erklärt die angehende Absolventin. Als Pädagogin rechnet sie sich gute Berufschancen aus, im Bereich Ökologie erscheint die Situation schon schwieriger. "Hier ist es generell schwer einen Job ohne Vitamin B zu bekommen", so die Einschätzung von Karin Engel.

Die Berufswünsche von Stephan Schlögl haben sich seit dem Studienbeginn stark verändert. Ursprünglich war er überzeugt in der Entwicklungszusammenarbeit tätig sein zu wollen. Heute steht er der EZA kritischer gegenüber, wodurch dieser berufliche Weg für ihn nicht mehr in Frage kommt. Statt dem wuchs die Faszination für die Wissenschaft, in der er nun am liebsten Fuß fassen würde. "Aufgrund der kargen Berufsaussichten, haben sich allerdings meine Ansprüche insgesamt gemindert", resümiert der 24-jährige Oberösterreicher. Dem Gefühl nach schreibt auch er dem Networking einen sehr hohen Stellenwert zu, "auch wenn darüber nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen wird". Den Grund dafür sieht Stephan Schlögl in der Schwierigkeit die Qualitäten eines Absolventen der Sozialwissenschaften einzuschätzen, "weshalb dann gerne auf persönliche Beziehungen zurückgegriffen wird".

Auch die angehende Kommunikationswissenschafterin Theresa Timnik könnte sich ihr berufliches Glück in der Forschung vorstellen, allerdings wäre ihre erste Wahl die Position der Aufnahmeleitung beim Film oder einer Nachrichtensprecherin bei einem öffentlich-rechtlichen Sender. "Aus vielen Gesprächen weiß ich aber, dass persönliche Kontakte wohl immer noch entscheidend sein können, ob man überhaupt zum Bewerbungsgespräch eingeladen wird oder nicht", so das Fazit der gebürtigen Münchnerin.

Praktika, Praktika, Praktika

Berufliche Erfahrung haben alle drei bereits während ihres Studiums gesammelt. Um dem internationalen Anspruch der IE gerecht zu werden hat Stephan Schlögl insgesamt zweieinhalb Jahre in Südamerika verbracht. Durch die Auslandspraktika konnte er außerdem seine Fremdsprachkenntnisse auf ein hohes Niveau bringen. Derzeit ist er in Wien auf der Suche nach einem Praktikum, bei dem er wissenschaftlich arbeiten kann. Allerdings gestaltet sich die Suche durch das geringe Angebot ziemlich schwierig.

Auch Karin Engel verfolgt die Strategie in universitären Forschungsprojekten berufliche Kompetenzen zu erwerben. Daneben hält sie noch Praktika bei Umweltbüros oder beim Land für sinnvoll, auch wenn diese oft schlecht bezahlt sind.

Für Theresa Timnik sind Praxismonate in der Arbeitswelt eine ideale Möglichkeit, um den individuellen beruflichen Weg zu finden. "Je mehr Praktika, desto besser! - Erstens für die persönliche Weiterentwicklung und zweitens für den Lebenslauf". (Günther Brandstetter, derStandard.at, 31.10.2010)

*Name von der Redaktion geändert