Rudas: "Ich bin es leid, ständig darüber zu diskutieren, wie man den Studierenden das Studium möglichst schwer macht, anstatt sie zu motivieren."

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Vom Studiengebühren-Gutachten, das Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle am Montag präsentiert hat, zeigt sich Laura Rudas, Bundesgeschäftsführerin der SPÖ, im Interview mit derStandard.at wenig beeindruckt. "Die gängige Rechtsmeinung ist, dass der gleiche Fall eintritt, wie bei der Erbschaftssteuer: "Wenn man das Gesetz nicht verbessert, dann läuft es einfach aus", sagt Rudas. In diesem Fall würde es für niemanden mehr Studiengebühren geben. Dass die Koalition am Studiengebühren-Streit zerbricht, glaubt sie nicht. Töchterle ruft sie auf, eine Idee für ein Stipendiensystem vorzulegen und die Studienbedingungen zu verbessern.

derStandard.at: Was sagen Sie zur aktuellen Debatte rund um die Studiengebühren?

Rudas: Das Thema Studiengebühren finde ich müßig, die Universitätspolitik muss mehr liefern als nur die Diskussion um Gebühren. An sich wurde vom Verfassungsgerichtshof die letzte Fassung des Gesetzes aufgehoben und wir verhandeln über Verbesserungsvorschläge. Ich hoffe, dass es hier zu einer Einigung kommt.

derStandard.at: Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle hat ein Gutachten präsentiert, wonach es eine Gesetzeslücke gibt: Die Unis können nach Auslaufen der Regelung autonom Studiengebühren einheben. Wie wird es weitergehen?

Rudas: Zum Gutachten würde ich die Stellungnahme des Verfassungsdienstes abwarten. Es gibt hier unterschiedliche Rechtsmeinungen. Die gängige Rechtsmeinung ist, dass der gleiche Fall eintritt, wie bei der Erbschaftssteuer: Wenn man das Gesetz nicht verbessert, dann läuft es einfach aus.

derStandard.at: Wäre das die Lösung?

Rudas: Dafür bin ich auch nicht, wir haben ja mit gutem Grund Ausnahmeregelungen gehabt, wer sehr wohl Studiengebühren zahlen soll – wie Langzeit-Studierende oder Studenten aus dem Ausland. Ich hoffe, es kommt hier zu einer Einigung. Dass die Uniautonomie auch Gebühreneinhebung beinhaltet, klingt unplausibel. Aber wie gesagt: das Gutachten wird geprüft.

derStandard.at: Sehen Sie die Debatte gelassen?

Rudas: Nein, gelassen sehe ich das nicht. Es regt mich auf, dass wir noch über Studiengebühren diskutieren. Die Studenten gehen auf die Straße, besetzen das Audimax, um auf die die schlechten Studienbedingungen aufmerksam zu machen. In Wirklichkeit sollen wir uns darum kümmern, dass die Universitäten im internationalen Vergleich, in Forschung und Lehre an die Spitze gelangen. Wir müssen auf der einen Seite mehr Geld in die Hand nehmen, aber auch die Universitäten in die Pflicht nehmen, dass sie in der Struktur mehr einsparen. Ich bin es leid, ständig darüber zu diskutieren, wie man den Studierenden das Studium möglichst schwer macht, anstatt sie zu motivieren. Es gibt Länder, wo die Rektoren gemeinsam mit Politikern in die Schulen gehen, um künftige Studenten anzuwerben. Bei uns ist genau das Gegenteil der Fall. Manche Politiker und manche Rektoren vermitteln den Eindruck, sie wollen die Studenten von den Unis fernhalten.

derStandard.at: Für Studenten ist das Leben schwerer geworden: Erst letztes Jahr wurde die Bezugsdauer der Familienbeihilfe auf das Alter von 24 Jahren gekürzt.

Rudas: Im internationalen Vergleich stehen wir immer noch recht gut da. An sich sollte die Familienbeihilfe nicht dazu da sein, jemanden das Studium zu finanzieren, sondern das sollte ein Stipendium machen. Auch hier warten wir auf einen Vorschlag des Wissenschaftsministers, wie man das Stipendiensystem in Österreich verbessern kann. Heute ist es sehr an den Einkommensbegriff gebunden.

derStandard.at: An der Studiengebühren-Diskussion wird die Koalition nicht zerbrechen?

Rudas: Nein! (Katrin Burgstaller, derStandard.at, 19. Oktober 2011)