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Osteuropa hängt starkt von der Krisenbewältigung in Europa ab. Misslingt diese, fällt auch Osteuropa in die Rezession.

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Vor allem Ungarn, Slowenien und die Slowakei leiden zunehmend unter den Folgen der Eurokrise.

Wien – Für kein anderes Land sind Autos so wichtig wie für die Slowakei. Nirgends rollen im Verhältnis zur Einwohnerzahl mehr Pkws vom Fließband, und die Aussichten schienen noch bis vor kurzem rosig. VW meldete in seinen drei Werken Produktionssteigerungen von bis zu 45 Prozent und versprach die Einstellung von 1500 neuen Mitarbeitern. Der koreanische Konzern KIA feierte die Eröffnung eines neuen Werkes in Zilina. Bis zu 400.000 Autos, und damit doppelt so viele wie 2010, sollten heuer in der Slowakei gefertigt werden.

Selbst wenn diese Zahlen 2011 halten sollten: Mit dem rapiden Aufschwung im Nachbarland ist es im kommenden Jahr vorbei. Die Osteuropabank EBRD hat am Dienstag eine düstere Konjunkturprognose vorgestellt. Die Bank hat ihre Wachstumsaussichten für Zentraleuropa auf 1,7 Prozent halbiert. Ungarn, Slowenien und die Slowakei werden 2012 nur knapp an der Rezession vorbeischrammen. Noch stärker wurden die Prognosen für Südosteuropa revidiert. Das Wachstum in Rumänien und Albanien kommt fast zum Erliegen. Für Österreichs Unternehmen – sie zählen in Ungarn, Rumänien und Co zu den größten Investoren und Exporteuren – dürften das besonders schlechte Nachrichten sein.

Hauptursache für den Dämpfer sind Eurokrise und schwächelndes Wachstum in Westeuropa. "Es gibt erste klare Anzeichen dafür, dass der Osten die Turbulenzen zu spüren bekommt", sagt Erik Berglof, EBRD-Chefökonom im Standard-Gespräch. In Ungarn und Serbien war das Wachstum bereits im zweiten Quartal 2011 negativ. Im kommenden Jahr werden vor allem Länder mit engen Wirtschaftsverflechtungen zur EU die Eurokrise zu spüren bekommen, Länder wie Kasachstan und Russland kommen besser weg.

Rezession möglich

Alle Prognosen beruhen darauf, dass die EU ihre Probleme in den Griff bekommt, wenn nicht, ist eine Rezession wahrscheinlich, meint Berglof. Die größte Sorge bereitet der Osteuropabank derzeit die Entwicklung an den Finanzmärkten. Bisher blieb die Staatsschuldenkrise auf die Eurozone beschränkt. So sind die Zinskosten für zehnjährige Anleihen von Polen, Tschechien und der Slowakei kaum angestiegen und liegen weit unter den Spitzenwerten aus dem Jahr 2009.

Selbst in Ungarn, das eine Reihe umstrittener Maßnahmen wie die Konvertierung der Fremdwährungskredite umgesetzt hat, sind die Risikoaufschläge für Staatsschulden moderat geblieben.

Doch die EBRD fürchtet, dass die Ruhe nicht mehr lange anhält. Berglof sieht vor allem das Risiko einer Kreditklemme in Osteuropa ansteigen. Nach dem starken Gewinneinbruch der Erste Bank, der auf Probleme in Rumänien und Ungarn zurückzuführen war, dürften von den in Osteuropa aktiven Kreditinstituten bald weitere Hiobsbotschaften folgen. "In der Krise 2008 und 2009 war der erste Reflex der Banken das Geschäft in Osteuropa überproportional stark runterzufahren. Sollte es nun wieder so sein, würde sich das fatal auswirken." Das Kreditwachstum ist im Baltikum und in Ungarn bereits negativ, in der Türkei, Armenien und der Mongolei boomt das Geschäft dagegen noch.

Ein Klotz am Bein für die Region bleibt der hohe Anteil an Fremdwährungskrediten. Wie berichtet, warnt die EBRD vor der neuerlichen Ausbreitung von Devisendarlehen, besonders in Rumänien, Bulgarien, Georgien und Albanien. (András Szigetvari, DER STANDARD, Printausgabe, 19.10.2011)