Buchcover - Böhlau-Verlag

Innsbruck/Wien - Die Rolle ihrer Organisationen vor und während der Zeit des Nationalsozialismus haben die Alpenvereine in Österreich, Deutschland und Südtirol hinterfragt und nun die Ergebnisse mit der Publikation "Berg Heil! Alpenverein und Bergsteigen 1918 - 1945" in Buchform vorgelegt. Der Titel "Berg Heil!" sei nicht zufällig gewählt - diese alpinistische Grußformel mache beispielhaft die Vielschichtigkeit des Bergsteigens zwischen einer vermeintlich apolitischen Freizeitbeschäftigung und einer engen Verknüpfung mit Politik und Gesellschaft deutlich, auch im NS-Staat.

Die alpine Grußformel wurde Ende des 19. Jahrhundert erfunden und steht "für Bergbegeisterung, gemeinsame Erlebnisse und alpinistische Leistung", wie es im Vorwort heißt, "aber eben auch für die Nähe von Alpinismus und deutschnationalen Ideologien."

Entwicklung

Auch wenn "Berg heil!" bereits Jahrzehnte vor dem nationalsozialistischen "Sieg Heil!" ertönte, liegen doch beiden Grüßen eine deutschnationale Konnotation zugrunde. "Heil" war unter anderem durch den Turnergruß "Gut Heil!" in der Zeit des Vormärz als "deutscher Gruß" populär geworden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlebte "Heil" sowohl in vaterländischen Liedern und in der antisemitischen Literatur als auch in der völkischen Jugendbewegung eine Hochkonjunktur. Ab 1923 verwendeten die Nationalsozialisten "Heil" in ihren offiziellen Grußformeln.

Eine enge Zusammenarbeit der Alpenvereine aus Österreich, Südtirol und Deutschland bot sich laut den Herausgebern Martin Achrainer, Friederike Kaiser und Florian Trojer an: "Weil sie ihre Wurzeln im staatenübergreifenden deutschen und österreichischen Alpenverein haben, der erst mit Ende des Zweiten Weltkriegs in dieser Form aufgelöst wurde. Der Alpenverein galt bis 1938 als die einzige bedeutende Organisation, in der die 'großdeutsche' Staatsidee symbolisch verwirklicht war."

Ausgrenzungen und Antisemitismus

Ein Historiker-Team befasste sich mit der "dunklen Geschichte" des Alpenvereins, wie es die Herausgeber selbst nennen: "Sie war in diesen Jahren vielfach von nationalistischer Geisteshaltung, von Ausgrenzungen und Antisemitismus geprägt". Damit wurde das Grundlagenwissen über die frühe judenfeindliche Positionierung des Vereins erweitert sowie "sein Bekenntnis zum Zusammenschluss Österreichs mit Deutschland, seine Nähe zur Ideologie des Nationalsozialismus, die Indienstnahme alpinistischer Großereignisse durch die Propaganda des 'Dritten Reichs' und die Rolle des Alpenvereins als alleinzulässige Bergsteigerorganisation in 'Großdeutschland'. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg gab es dementsprechende Kontinuitäten, wie im Buch betont wird.

Neben den politischen Aspekten gibt das fein bebilderte Werk aber auch einen rein sachlichen Einblick in die Geschichte des Alpinismus. Dabei verquicken sich materielle Fragen wie jene der Ausrüstungen mit vielen anderen, etwa jener der Ästhetik. Wie weit diese im Lauf der Zeit einem Wandel unterworfen war, zeigen Abbildungen von Plakaten, Festschriften oder Filmplakaten aus den Jahren 1918 bis 1945. (APA/red)