Edith Grünseis-Pacher sitzt nach einem Autounfall seit 22 Jahren im Rollstuhl. Ihr ist Mobilität wichtig – wie auch modische Kleidung.

Foto: Edith Grünseis-Pacher

Mit club mobil bietet sie Menschen mit Behinderung Fahrtechniktrainings an, aber auch Fahreigungsprüfungen.

Foto: Edith Grünseis-Pacher

Mit dem behindertengerechten Fahrschulauto kann man seine Fahrausbildung schon machen, wenn man noch kein eigenes adaptiertes Auto hat.

Foto: Edith Grünseis-Pacher

Die Modebranche war ihre Welt. Sie war jung, erfolgreich, arbeitete gern, studierte nebenbei Sprachen, und dann am 7. Oktober 1989 krachte es. Edith Grünseis-Pacher hatte im Alter von 22 Jahren einen schweren Autounfall. ‟Von einem Tag zum anderen ist das Leben unter Anführungszeichen aus", sagt Edith Grünseis-Pacher heute. Sechseinhalb Wochen lag sie im Koma, musste durch eine anstrengende Reha. ‟Ich konnte nicht mehr reden, atmen und blinzeln und musste alles neu erlernen. Der Rollstuhl ist eine der sichtbarsten Folgen des Unfalls. Ich bin auf dem rechten Auge blind, leide immer noch unter Gefühls- und Geschmacksstörungen."

Trotzdem ist Edith Grünseis-Pacher heute wieder sehr erfolgreich, wurde 2000 zur Frau des Jahres gewählt, erhielt 2009 den Österreichischen Staatspreis für ihre Arbeit verliehen. ‟Ich hätt nach meinem Unfall jemanden gebraucht, der mir zeigt, dass das Leben durchaus lebenswert ist, dass man erfolgreich und modern sein kann. Stattdessen haben mir andere Betroffene gesagt, dass ich froh sein soll, jetzt eine Pension zu bekommen. Damals war es so, dass man als behinderter Mensch gerade nicht versteckt wurde - inzwischen hat sich da aber viel verändert."

Mobilität für Menschen mit Behinderung

Das liegt wohl auch an Edith Grünseis-Pacher selbst. Sie hat sich dann selbst motiviert, 1993 die Initiative Österreichischer Unfallopfer gegründet, mit der sie sich für andere Unfallopfer stark machte. Als sie damit an ihre Grenzen stieß, weil auch andere Menschen ihre Hilfe brauchten, gründete sie 1997 den club mobil. ‟Das Thema Mobilität für Behinderte gab es damals gar nicht, und mir lag es sehr am Herzen. 1999 durfte ich selbst wieder mit dem Autofahren beginnen und erkannte, dass es viele behinderte Menschen gibt, die fahren könnten, aber es gibt niemanden, der ihnen zeigt, wie es geht", erzählt Edith Grünseis-Pacher vom Initiationspunkt der Gründung von club mobil, der heute das erste und einzige österreichische Lehr-Fahrschul-Auto für behinderte Menschen bereitstellt.

‟Am Anfang habe ich Fahrsicherheitskurse angeboten, und im ersten Jahr nahmen schon 1060 Personen teil, und jedes Jahr kommen bis zu 1000 weitere Menschen. Andere haben zu mir aber gesagt, dass sie kein Training machen, sondern wissen wollen, ob sie mit ihrer Parkinson-Krankheit, nach ihrem Schlaganfall oder ähnlichen Krankheiten noch Autofahren können. Sie fürchteten sich vor der Behörde und dass diese ihnen den Führerschein entzieht", sagt Edith Grünseis-Pacher.

Fahreignungsprüfung

Erst war sie ablehnend, weil sie, um die Fahreignung zu überprüfen, einen Fahrlehrer und Verkehrspsychologen brauchen würde. ‟Nachdem die Firma Schuhfried eigens für uns einen einzigartigen Test entwickelt hat", sagt Edith Grünseis-Pacher, ‟den man mit einem Arm absolvieren kann, waren wir einen Schritt weiter. Als Fahrlehrer erklärte sich ein Instruktor des ÖAMTC bereit, und heute bieten wir mit ‘Sicher mobil mit Handicap‘ eine anerkannte Fahreignungsprüfung mit standardisierter Fahrprobe an. Am Ende steht ein Gutachten."

Fällt dieses Gutachten negativ aus, hat Edith Grünseis-Pacher keine Meldepflicht, ‟aber wir machen dann Bewusstseinsbildung und sprechen auch mit den Begleitpersonen." Denn es geht ihr gar nicht darum, dass alle Menschen mit Behinderung Auto fahren. ‟Ich möchte die Mobilität behinderter Menschen erhöhen. Aber wenn jemand mein Kind zusammenführt, ist mir egal, ob er behindert ist oder nicht. Darum versuche ich, bei negativen Gutachten die Menschen auch davon zu überzeugen, dass sie sich nicht mehr ans Steuer setzen, denn es gibt auch Alternativen zum Auto, um mobil zu sein."

Angst vor dem Führerschein-Entzug

Es ist vorwiegend die Angst, dass die Behörde ihnen den Führerschein entziehen könnte, der Menschen zu Edith Grünseis-Pacher bringt. Denn 96 Prozent der Menschen, die zur Fahrfähigkeitsüberprüfung kommen, glauben, fahrfähig zu sein. Und ein positiver Bescheid wurde bis heute von den zuständigen Behörden immer anerkannt. ‟Rund 80 Prozent unserer Kunden kommen übers Reha-Zentrum, wo ihnen gesagt wird, dass es gut wäre, die Eignung überprüfen zu lassen."

Neben den Kursen berät Edith Grünseis-Pacher Autohäuser beim Umbau zu einem behindertengerechten Autohaus, schult die Exekutive, hält Vorträge, schreibt Bücher und veranstaltet Messen für behindertengerechte Mobilität. ‟Jeder kann sein Auto testen, bevor er es kauft, nur Menschen mit Behinderungen müssen die Katze im Sack kaufen. Darum biete ich Herstellern, wie nächstes Wochenende in Linz, an, ihre Produkte vorzustellen."

Fahrsicherheitskurse kosten bei club mobil 60 Euro, die Fahreignungsprüfung 255 Euro. ‟Denn Differenzbetrag, rund 200 Euro bei den Fahrsicherheitskursen, über 600 Euro bei den Fahreignungsprüfungen, finanzieren wir über Sponsoren", sagt Edith Grünseis-Pacher. Und weitere Sponsoren, sind ihr jederzeit willkommen.