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Heute wollen wir kurz in den griechischen Zahlensalat eintauchen, der Bürger, Regierung und Inspektoren der famosen Troika (EU-Kommission, EZB, IWF) gleichermaßen mürbe macht.

Die größte Oppositionspartei, die Nea Dimokratia, die den Vorteil hat, keine der unpopulären Sparbeschlüsse treffen zu müssen, legte kürzlich eine Tabelle vor, die veranschaulichen soll, wie wenn nicht ganz sinnlos, dann aber doch nutzlos die Bemühungen der Regierung von Giorgos Papandreou sind, die Staatsverschuldung durch die Serie von Sparmaßnahmen in den Griff zu bekommen. Die Regierung, so die Schlussfolgerung der Nea Dimokratia, dreht sich nur im Kreis.

Die Tabelle zeigt das griechische Staatsdefizit in Prozent zum Bruttoinlandsprodukt. Ablesen lässt sich einmal die kontinuierliche Korrektur der Zahlen, die seit dem Memorandum mit der Troika vom Mai 2010 (110-Milliarden-Kredit) nie stimmen wollen. Im Mai 2010 gingen Regierung und IWF von einer Staatsverschuldung von 133 Prozent des BIP aus, bei der Vorstellung der mittelfristigen Finanzplanung bis 2015 kurze Zeit später rechnete die Regierung schon mit 143 Prozent.

Im Juni 2011, ein Jahr später und unter Einberechnung des ersten großen Sparpakets von 28 Millionen Euro und dem Beginn der Privatisierungen, die später einmal – im Jahr 2015 – die Gesamtsumme von 50 Millionen Euro einbringen sollen, setzte die Regierung 156 Prozent des BIP für die Staatsverschuldung an. Mit dem Haushaltsentwurf für 2012 und den jüngsten „zusätzlichen“ Sparmaßnahmen von Finanzminister Evangelos Venizelos – also Kürzung der Pensionen, verringerte Ausgaben durch die Frühpensionierung von Beamten und Überführung anderer in eine „Arbeitsreserve“ für ein Jahr und mit 60 Prozent der Bezügen, sowie der neuen und jetzt bis 2014 verlängerten Immobiliensteuer – schwillt das Staatsdefizit nur weiter an und erreicht 2012 angeblich 173 Prozent, bis es 2015 dann auf 140 Prozent zurückgehen könnte – etwas mehr, als es dann fünf Jahre zuvor schon hatte: 133 Prozent.

Die Opposition schließt daraus, dass die Sparmaßnahmen, so wie sie die Regierung Papandreou verfolgt, unproduktiv sind und überdies die Wirtschaft erdrosseln. Das zeigt die Rezession, die sich in Griechenland 2012 fortsetzen wird. Nicht sparen würde das Defizit freilich noch schneller anwachsen lassen und ist ausgeschlossen angesichts der Auflagen der Kreditgeber. Anders sparen wäre jedoch die logische Folge. Die Troika lässt dafür derzeit keinen Raum. Möglich aber erscheint: ernsthafter betriebene Privatisierung, sehr viel weitgehendere, aber sozial verträglichere Kündigungen im Staatsapparat durch längere Übergangszeiten mit geringeren Bezügen, tatsächliche Besteuerung der Reichen.

Griechische Medien berichteten dieser Tage über die schleppend laufende Steuerfahndung. Die Banken sind überfordert (oder unwillig) mit den Anträgen des Finanzministeriums auf Aufhebung des Bankgeheimnis und Kontosperren. Nur 130 von 3.829 Anträgen sollen bearbeitet worden sein, meldete die Wirtschaftszeitung Imerisia, zwischen Jänner und Juli dieses Jahres seien die Anträge der Finanzpolizei um 550 Prozent gestiegen.

Seit zwei Wochen soll es auch eine Magnetkarte geben, die die Griechen bei allen Einkäufen benützen sollen, die sie tätigen, damit sie im Folgejahr ihren – mittlerweile gestutzten – Steuerfreibetrag geltend machen können. Einmal abgesehen von der daten- und kosumentenrechtlichen Seite: Die Geschäfte in Athen waren vergangene Woche noch nicht in der Lage, eine solche Karte entgegenzunehmen. Dafür wird der Grieche nach mehreren Steuererhöhungsrunden mit einer interessanten Vielzahl von Mehrwertsteuersätzen geplagt: 6,5 Prozent beim Kauf einer Tageszeitung, 23 Prozent für ein Mahl in einem Restaurant, zehn Prozent für den Kaffee, 13 Prozent für eine Flasche Mineralwasser im Supermarkt, 23 Prozent wiederum für eine Tube Zahnpasta...