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Hamda Ben-Amor (22) aus Tunesien hat als Rapper El Général mit dem Lied "Rais Lebled" die Protesthymne des Arabischen Frühlings veröffentlicht. Seine Kritik an Ex-Präsident Ben Ali brachte ihm drei Tage Gefängnis ein. Foto: imago

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Neu seien nur die Gesichter, sagte er zu Jakob Arnim-Ellissen und Julia Raabe.

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STANDARD: Am 23. Oktober wird die verfassungsgebende Versammlung bestimmt. Wählen Sie?

El Général: Nein. Ich habe kein Vertrauen zu den Personen und Parteien, die kandidieren. Bisher konnte mich keine Partei von ihrem Programm überzeugen.

STANDARD: Sie haben für die Demokratie gekämpft. Ist nicht eine der wichtigsten Aufgaben der Bürger, zur Wahl zu gehen?

El Général: Der Kampf für Demokratie muss sich nicht unbedingt in einer Beteiligung an der Wahl widerspiegeln. Ich kann nicht wählen gehen, nur weil es ein demokratischer Akt ist, wenn ich von keiner Partei überzeugt bin.

STANDARD: Wie schätzen Sie den Verlauf der Revolution ein?

El Général: Es hat sich nicht wirklich viel verändert. (Der gestürzte Präsident) Zine El-Abidine Ben Ali ist seit über neun Monaten außerhalb des Landes, aber neu sind nur die Gesichter. Das Gewissen der Menschen ist mit der Revolution erwacht, aber nun sind sie fast wieder in einen Schlaf gesunken.

STANDARD: Ist die Revolution also gescheitert?

El Général: Die Revolution hat sicher erreicht, dass Ben Ali weg ist. Niemand hat daran geglaubt, dass das jemals möglich sein wird. Die Wurzeln des Systems sind aber nicht nur der Präsident, sondern seine Partei. Und die existiert immer noch. Die Revolution hat also ihr Ziel nicht erreicht.

STANDARD: Wo sehen Sie heute Ihre Rolle in der Revolution?

El Général: Es geht um eine Gesamtveränderung in der Region und der Welt. Weil meine Stimme heute weltweit gehört wird, muss ich umso mehr Themen ansprechen, die für Veränderung stehen.

STANDARD: Was werden Sie sagen?

El Général: Verschiedenes. Eines davon sind die Freimaurer, die weltweit sehr viel Macht gewinnen. Weitere Themen sind Kriege, die wirtschaftliche Lage und die amerikanischen und israelischen politischen Interessen weltweit.

STANDARD: Rechnen Sie mit weiteren Massenprotesten in Tunesien?

El Général: Ich kann nicht in die Zukunft sehen, aber die Erfahrung hat gezeigt, dass es nur einen Anlass braucht, um Frust und Wut in solche Massendemonstrationen umzuwandeln. (DER STANDARD, Printausgabe, 15.10.2011)