Heuer entscheiden sich die Urlauber besonders spät, wo es hingehen soll

Foto: Photodisc
Wien - Zäh wie selten läuft heuer das Geschäft mit dem Urlaub an. "60 Prozent der Buchungen, die wir in anderen Jahren um diese Zeit schon hatten, sind ausständig", sagte der Vertriebschef des Österreichischen Verkehrsbüros, Hans Jörg Preiss, dem S TANDARD . Hunderttausende Österreicher und Österreicherinnen seien auch Anfang Juni noch unentschlossen, wohin es heuer im Urlaub gehen soll.

Das Phänomen der Spätbuchung ist nicht auf Österreich beschränkt. Mit Ausnahme der Italiener, die sich durch Irakkrieg, Terrorgefahr und Lungenkrankheit Sars die Freude am Reisen offenbar nicht nehmen lassen und auch Ferntrips fleißig buchen, ist im restlichen Europa Zurückhaltung angesagt. Große Reiseveranstalter wie TUI oder Thomas Cook (Neckermann) haben schon vor Wochen begonnen, Preiszuckerln zu streuen, um die schlappe Nachfrage anzukurbeln - bisher wenig erfolgreich.


Starker Euro bisher ohne Folgen

Selbst Reisen in den Dollarraum sind trotz starken Euros kein wirklicher Renner. "USA und Kanada sind nicht besonders gefragt. Da wirkt der Irakkrieg noch nach", sagt Preiss. Aber immerhin: Nach dem katastrophalen Absturz im Vorjahr sei wieder eine leichte Belebung der Nachfrage da. Das bestätigt auch Gerhard Zeilinger, Österreich-Chef der auf USA-Reisen spezialisierten FTI Touristik: "Nach dem 11. September hatten wir Einbrüche von 45 zu 50 Prozent. Das hat sich heuer doch deutlich gebessert."

Die Märkte Australien und Neuseeland, die sich FTI neben Nordamerika aufgebaut hat, seien nun auch wieder stärker gefragt, seitdem Zwischenstopps in Kuala Lumpur und Bangkok eingeschoben und nicht mehr über Singapur geflogen werde. Mehrere Sars-Fälle im Stadtstaat hatten zuvor zu einem deutlichen Einbruch der Australien-Buchungen geführt.

Überraschungen

Dieser Sommer verspricht überhaupt voll Überraschungen zu werden. Gingen Touristiker noch Anfang Mai davon aus, dass Griechenland und insbesondere Spanien heuer die klaren Überflieger unter den Urlaubsdestinationen sein würden auf Kosten hauptsächlich der Türkei, schaut dies jetzt anders aus.

"Die Türkei holt kräftig auf. Seit der Krieg im benachbarten Irak vorbei ist, kann das Land sein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis wieder voll ausspielen", sagt Verkehrsbüro-Mann Preiss. Griechenland und Spanien würden jetzt gar nicht mehr so stark hervorstechen wie noch vor ein paar Wochen - "die Buchungszahlen sind ziemlich gleich verteilt."

Preiss hält es sogar für möglich, dass die Strandhotels im Golf von Antalya wieder an die gute Bettenbelegung des Vorjahres herankommen. "Weil es noch so viele Unentschlossene gibt, ist gerade für Länder wie die Türkei noch viel drin." (Günther Strobl, Der Standard, Printausgabe, 02.05.2003)