Irgendwann gehen einem die Argumente gegen den Bentley Continental GTC ganz schnell aus. Man könnte jetzt noch über das Geld reden.

Foto: Werk
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Susanne ist anspruchsvoll. Was Autos betrifft. Sonst hat sie mich. Diesmal hat sie sich einen Bentley in den Kopf gesetzt. An und für sich eine anständige, eine beständige Marke. Sehr untadelig. Aber auch dort greift der Irrsinn um sich. „Continental GTC", erklärte mir Susanne, „GT steht für das Coupé, also nur zwei Türen und eher schnell, und das C steht für Cabrio, eh klar".

Kein Dach. Kein Auto also, ein Spielzeug. Susanne wollte ein Spielzeug.

"Und was soll der Spaß kosten?", fragte ich. "Lass uns später darüber reden", erwiderte Susanne. "Was soll der Spaß kosten?", beharrte ich. "252.800 Euro", sagte Susanne wie beiläufig, mit einem gelangweilten Blick zum Fenster hinaus. "Herr im Himmel!", entfuhr es mir. Ich richtete mich im Fauteuil auf: "Und das Auto hat nicht einmal ein Dach!" Susanne schürzte trotzig die Lippen: "Es hat ein Dach! Ein Stoffdach. Und es ist weiß Gott wie oft geschichtet, da hörst du gar nichts. Wie ein richtiges Blechdach. Nur dass man es zusammenfalten und wegtun kann."

Susanne war im Vorteil, sie hatte sich offenbar bereits kundig gemacht. "Lass uns das Auto doch einmal anschauen", bat sie, "eine Runde fahren, irgendwo, wo es schön ist, ganz unverbindlich." Mir schwante Böses.

Es war ein kurzer Flug, aber Susanne nützte ihn redlich. "Wir müssen der Wirtschaft helfen", sagte sie, "der geht's jetzt nicht so gut. Da muss man investieren." Mein Geschäft. Aber sie hatte recht.

Frau von Maltzahn war so nett, uns eines dieser Autos vor das Hotel Monte Mulini in Rovinj auf der istrischen Halbinsel zu stellen. Um diese Zeit: das perfekte Wetter für ein Auto ohne Dach. Das musste ich zugeben. Susanne hat Stil. Sonst hat sie mich.

Das Auto: richtig muskulös. Breite Schultern. Geradlinig, aber sehr körperbetont. Ich blickte an mir herab. Seufzte.

Beim Abendessen auf der Terrasse schwärmte Susanne mir vor: "Zwölf Zylinder! Sechs Liter Hubraum! 575 PS!" Das klang verdammt viel. "Braucht man das wirklich?", fragte ich. Ich fürchtete, das könnte mich überfordern. "Der neue GTC hat jetzt auch einen Nackenwärmer", antwortete Susanne. "Du verkühlst dich ja so leicht. Aber da kann dir gar nicht kalt werden. Da bläst es dir die warme Luft direkt in den Nacken." Später blätterte ich im Prospekt: 314 km/h Höchstgeschwindigkeit. Das hatte mir Susanne verschwiegen.

Der Morgen war frisch, der Wagen von einem zarten Blau, und Susanne sah in ihren sportiven Schuhen fantastisch aus. "Wir haben viel vor", drängte sie zum Aufbruch. Die ersten Kilometer: Sehr kommod. Ein Auto wie eine Limousine, auch wenn es auf Viermeterachzig nur zwei Türen hatte. Als wir das Meer im Rücken hatten und gegen die Hügel strebten (Susanne hatte mir in Livade, einem kleinen Ort im Landesinneren, weiße Trüffeln versprochen), fummelte sie an der Mittelkonsole herum, ich sah, wie sie den Sportmodus aktivierte, die Federung straffte und schließlich mit dem Hebel hinter dem Lenkrad ein, zwei Gänge zurückschaltete. Ein zartes Lifting durchfuhr mein Gesicht, ich wurde ins Leder gedrückt, es presste mir die Luft aus den Lungen. Aber tatsächlich: Meinen Nacken umwehte eine warme Brise. Susanne arbeitete ernsthaft am Steuer. Wir schwiegen. Ich musste zugeben: Sie war schnell. Das Auto war schnell.

In Livade arbeitete ich an der Trüffel, wir schwiegen. Später, in Opatija, arbeitete ich am Fisch. Susanne: „Was meinst?" Das war keine Frage. Das war eine Feststellung. Ich zögerte, vielleicht eine Sekunde zu lang, aber eine Gräte hatte sich in meine Luftröhre verirrt. "So what!", rief Susanne laut aus, "dann kauf ich ihn mir eben selber." Ich röchelte. Verdammter Fisch. Das würde ich noch bereuen. (Michael Völker/DER STANDARD/rondoMobil/Oktober 2011)