Seltsame Posen.

Foto: Screenshot Video Yolanda Domínguez

Es ist schon so selbstverständlich, dass es eigentlich nicht mehr weiter auffällt. Lächerliche Verrenkungen, absurde Szenerien, immer derselbe Körper. Die Mode in diversen Hochglanz-Magazinen will zwar ständig mit neuen Ideen aufwarten, ihre Präsentation scheint aber in einem recht konventionellen Kreislauf festzustecken. Adoleszente, anorektische Mädchen in Kleidung, die sich die meisten ihrer Altersgenossinnen wenn überhaupt, erst in dreißig bis vierzig Jahren leisten können.

Die spanische Künstlerin Yolanda Domínguez hat sich mit dieser Absurdität beschäftigt und Frauen fotografiert und gefilmt, die Posen von Models nachahmen. Wie sieht das denn aus, wenn sich Frauen über 55 Kilo, über 15 Jahre und in Alltagskleidung im öffentlichen und somit meist wenig glamourösen Raum in Pose werfen?

 

 

Was auf den Modefotografien chic, verrucht oder sexy rüberkommen soll, mutet in dieser Übersetzung nur mehr höchst seltsam an. Die Menschen schauen besorgt bis verschreckt auf die Posierenden und scheinen diese komischen Körperhaltungen überhaupt nicht einordnen zu können. Eine Betrunkene sieht anders aus, eine Verrückte irgendwie auch - Unbehagen macht sich breit. Das ist auch das Stichwort für Yolanda Domínguez. In einem Interview erklärt die Künstlerin, sie wolle mit dieser Aktion ausdrücken, wie sich Frauen angesichts der Bilder in Frauenzeitschriften und der generellen Darstellung von Frauen fühlen. "Die Posen sind lächerlich, die Frauen wirken tot, sie haben verdrehte und verrissene Körper." Männer würden hingegen nie in solchen Haltungen abgebildet werden, sie dürfen auch in Fotostrecken und Werbungen mit ähnlicher Provenienz fähig und gesund wirken.

Zweites Projekt

Ein Projekt aus Schottland bedient sich ebenso der Hochglanz-Modefotografie, um eine feministische Aussage zu transportieren. Die Seite This is not an invitation to rape me bietet verschiedene Kampagnen zu Vorurteilen über sexuelle Gewalt. In deren Zentrum stehen Bilder, die auf den ersten Blick an Modefotos und/oder Fotos aus Frauenzeitschriften erinnern. Unter den Schlagwörtern "Dress", "Intimacy", "Drinking" und "Relationships" sind Fotos von jungen attraktiven Menschen zu finden, Bilder, von denen jegliche sexuelle Gewalt weit entfernt scheint. Ein Foto zeigt zum Beispiel ein Paar in einem Auto, sie küssen sich, die junge, leicht bekleidete Frau scheint im Begriff zu sein, schon bald an seiner Hose zugange sein zu wollen. Darunter sind - je nach Foto - verschiedene Textabschnitte zu Mythen über sexuelle Gewalt oder Fakten zu finden. Sie erklären unter anderem den Umstand, dass sich Opfer von sexueller Gewalt, die mit dem Täter intim waren, mit ihm ausgegangen sind, geflirtet und mehr getan haben, oftmals Vorwürfen von "naiv" bis "selber schuld" gefallen lassen müssen. "This is not an inivitation to rape me" möchte mit diesen Bildern auf die wahren Hintergründe von sexueller Gewalt hinweisen und mit weitgehend falschen oder einseitigen Assoziationen - z.B. der dunkle Park und die Joggerin - brechen. Die Initiative tritt auch gemeinsam mit Hilfseinrichtungen für Opfer von sexueller Gewalt und Polizei auf, etwa mit einem Plakat, das junge betrunkene Frauen zeigt. Darunter steht "Drinking ist not a Crime. Rape is."

Die kluge Initiative zeigt auf, dass es hier sehr wohl noch immer zu vielen "Verwechslungen" kommt und stellt sich mit eindrücklichen Bildern samt Slogans dagegen.

Gleich zwei gute Ideen, wie frau der starken symbolischen Abwertung von Frauen mit den eigenen Waffen schlagen kann. (beaha, dieStandard.at, 12. Oktober 2011)