Es ist immer schön, wenn man achteraus schaut und die Verfolger sieht.

Foto: Der Standard/Zelsacher

Es ist auch schon wieder fast 100 Jahre her, dass aus Österreich ein Binnenland wurde. Das hindert die österreichischen Segler aber nicht daran, sich sportlich in allerlei Klassen auf den Meeren dieser Welt wichtig zu machen. Die Idee, eine Hochsee-Staatsmeisterschaft abzuhalten, ist schön, aber nicht exklusiv. Ungarn, Tschechen, Slowaken beispielsweise tun das auch, und in Ermangelung einer eigenen Küste drängt sich die Adria als Revier geradezu auf.

41 Schiffe segelten vergangene Woche vor Biograd, Kroatien, in vier Klassen um die Titel bei der BMW Hochsee-Meisterschaft. Offizieller Staatsmeister konnte man freilich nur in der Einheitsklasse Bavaria 42 Match mit Spinnaker werden. Dabei handelt es sich um sportlich ausgelegte Fahrtenyachten, 42 Fuß und also knapp 13 Meter lang und acht Tonnen schwer. Der Kiel ragt 2,50 Meter tief ins Wasser.

Von echten Racern sind die Pötte weit entfernt. Sie verfügen über Küche samt Backrohr und Abwasch und einen mächtigen Kühlschrank. Geschirr auszulagern oder die Matratzen, um Gewicht zu sparen, ist verboten. Zuwiderhandelnden droht die Disqualifikation. Die 17 Schiffe der Einheitsklasse werden vor der Meisterschaft unter den Teilnehmern verlost. Die Spinnaker auch. Das sorgt naturgemäß für Diskussionen, schließlich sind die Geräte unterschiedlichen Zustands. Das könnte Ausreden liefern.

Die Siege der Trieste

Die achtköpfige Crew, der der Standard angehört, fasst die Trieste aus. Die war im Vorjahr wegen eines gröberen Schadens nicht dabei. Hinterm Steuer steht Olympiasegler Matthias Schmid. Florian Reichstädter macht wie auf dem 420er, jener Jolle mit Spinnaker und Trapez, auf der die beiden zur Weltspitze zählen, den Vorschoter. Und für den Trimm des Großsegels ist Christoph Sieber zuständig, Olympiasieger 2000 im Windsurfen und heute Jugendtrainer im österreichischen Segelverband.

Vor der dalmatinischen Küste werden zunächst sechs Kurzwettfahrten bei Leichtwind gegeben. Dabei geht es zweimal gegen den Wind und zweimal vor dem Wind dahin, und das Team der Trieste liefert eine tolle Leistung ab. Wenigstens teilweise. Den beiden Wettfahrtsiegen, bei denen die Führung am Start erobert und souverän bis ins Ziel verteidigt wird, stehen freilich nahezu unerklärbare Ausreißer nach hinten entgegen. Man kann das nur mit der Breite der Spitze erklären, mit dem hohen Niveau bei der Meisterschaft. Bei der Navigationsfahrt über rund 20 Meilen läuft es auch nicht so wirklich super. Und die Langstrecke ist keine Langstrecke. Die Bedingungen sind dagegen. Zu wenig Wind am Schlusstag, zudem wartet die strapaziöse Siegerehrung im Festzelt.

Erstens ist die Langfahrt nicht länger als die Navigationsfahrt. Zweitens spricht alles dafür, dass der Wind an der Festlandküste stärker sein wird als entlang der Biograd vorgelagerten Inselkette, um dann nach Süden zu drehen, was das ideale Anliegen der zu umrundenden Insel ermöglicht. Nur die Wirklichkeit spricht dagegen. Und so wird die Suche nach dem verlorenen Wind zur Qual. Es bleibt nichts anderes übrig, als die Taktik durchzuziehen und dem Rest des Feldes drüben auf der anderen Seite beim Davonziehen zuzuschauen. Für die Langstrecke, die diesen Namen gar nicht verdiente, gibt es bedauerlicherweise sogar zwei Wertungen.

Wir vorn am Spi

In diesen Momenten braucht der Mensch etwas, woran er sich festhalten kann. Und wenn ihm nicht aufgetragen ist, sich mit allem, was er hat, an das Spinnakerfall zu hängen - das ist jene Leine, mit dem bei achterlichem Wind das bauchige Vorsegel, kurz Spi genannt, am Mast hochgezogen wird -, dann hält er sich an folgendes Motto: Wo wir sind, ist vorn. Und wenn wir hinten sind, ist hinten vorn. Vorn freilich war quasi in diesen Momenten ziemlich weit hinten.

Am Ende der vier Wettkampftage setzt sich der Favorit durch. Das AEZ-Team mit Steuermann Rene Mangold und Christian Binder auf der Cape Cod, benannt nach einer Halbinsel in Massachusetts, gewinnt mit insgesamt vier Wettfahrtsiegen. Ein vierter Platz darf gestrichen werden. Die Trieste streicht Zweistelliges, wird Sechste, gratuliert dem Sieger und findet einfach keine Ausrede bis auf den Wind, der sich schlich.

Mangold und Binder sind normal im RC 44 Cup unterwegs und matchen sich mit America's-Cup-Größen wie dem Neuseeländer Russell Coutts. Auf 44 Fuß langen Carbonyachten ohne Kellerstüberl, also ohne Küche, Abwasch, Kühlschrank oder Matratzen. (DER STANDARD Printausgabe, 10. Oktober 2011)