Es wäre wohl auch für Weiße irritierend, wenn - sagen wir - weiße Schokolade als "Bleichgesichtskrokant" verkauft würde.

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Ein Süßwarengeschäft in der Wiener City verkauft seit einigen Wochen eine traditionelle Schokoladesorte unter einer neuen, offenbar witzig gemeinten Bezeichnung. Die Rede ist von Schokolade mit Erdnüssen, in den Geschmacksrichtungen Vollmilch oder edelbitter. Sie wird als "Nägerbrot" angepriesen, mit einem :-) daneben - und wurde bis vor Kurzem im Schaufenster angeboten, während sie jetzt nur mehr im Geschäft selbst zu haben ist. Zückt ein Kunde das Handy, um die ungewöhnliche Produktbezeichnung fotografisch festzuhalten, so stößt er oder sie auf Einspruch: "Fotografieren dürfen's bei uns nicht", sagt die Verkäuferin.

Besagte Süßigkeit war lang als "Negerbrot" im Handel. Das Wort "Neger", auch als "N-Wort"* bezeichnet, gelangte wohl aufgrund der ursprünglich mit Afrika in Verbindung gebrachten Erdnüsse in den Produktnamen. Seit sich auch schwarze Menschen als Österreicher und Europäer verstehen, verwahren sie sich dagegen, mit dem "N-Wort" bezeichnet zu werden. Überhaupt ärgert es sie, wenn Lebensmittel, die eine schokoladig-braune Farbe haben, besagtes Wort im Namen tragen: Verständlich, denn es wäre wohl auch für Weiße irritierend, wenn - sagen wir - weiße Schokolade als "Bleichgesichtskrokant" verkauft würde.

Doch wie kam im vorliegenden Fall das "ä" statt dem "e" in die Produktbezeichnung, sodass das abschätzige "N-Wort" aus der Orthographie in die Lautmalerei übersiedelt ist? Und was soll das Smiley-Symbol? Es begann Mitte August, als die Standard-Leserin Angelika Pichler an dem Süßwarengeschäft vorbeikam- und sah, dass darin Erdnussschokolade angeboten wurde: "N...brot" mit "e".

Keine Erklärung

Sie betrat das Geschäft und bat die Verkäuferin um eine Erklärung, doch bekam keine. Also wandte sie sich an Zara, jene NGO, die in Österreich als einzige Stelle rassistische Vorkommnisse und Übergriffe dokumentiert. Zara reagierte brieflich, wie in solchen Fällen immer: Man möge das "N...brot" doch bitte umbenennen, denn die Bezeichnung werde vielfach als diskriminierend empfunden - es wäre nicht die erste Umbenennung dieser Schokoladesorte gewesen: Im Jahr 2001 hatte eine große Handelskette beim N...brot ein Einsehen und taufte die Süßigkeit in "Schokotraum mit Erdnuss" um. Auch "N...küsse" werden seit Längerem als "Schaumküsse" oder "Schokoküsse" vermarktet, ohne dass bei Geschmack oder Absatzzahlen Einbußen verzeichnet worden wären.

Besagter Zuckerlgeschäftinhaber hingegen antwortete nicht. Aber er wurde aktiv: "Als ich das nächste Mal am Geschäft vorbeikam, war schon das Etikett mit "Nägerbrot :-)" angebracht", schildert Pichler in einem Mail an den Standard: "Das Umbenennen mit dem angefügten Smileyzeichen empfand ich als zusätzliche Verarsche...".

Letzteres will auch Dina Malandi von Zara nicht ausschließen, der auch ein Foto des "Nägerbrots :-)" vorliegt. "Mit dieser Änderung macht man sich gleichzeitig über sie lustig", sagt sie. Doch wie das Chef des Schokoladegeschäfts sieht, was er zu sagen hat, weiß sie nicht: Ein zweites Zara-Schreiben blieb ebenso unbeantwortet wie das erste.

Frage der Sprache

Was folgt daraus? Erstens, dass hier das Gespräch mit Kritikern von - wie sie meinen - rassistischem Sprachgebrauch verweigert wurde. Die Erfahrung zeigt, dass derlei Kritik vielfach als unfairer Angriff verstanden wird, nicht etwa als Versuch, darüber zu reden, wie in der österreichischen Einwanderungsgesellschaft mit der Sprache pfleglich und friedenserhaltend umgegangen werden kann. Hier zieht sich ein Bogen vom Streit über den "Mohren im Hemd", über die "N...küsse" hin zum dem in diesem Blog bereits besprochenen Lumumba-Cocktail.

Zweitens folgt daraus, dass im "Nägerbrot :-)"-Fall versucht wird, die kritisierte Bezeichnung auch gegen Widerstände zu bewahren. Sie unangreifbar zu machen, indem man das "N-Wort" als solches vermeidet, aber dafür sorgt, dass man es trotzdem weiter aussprechen kann. Und, dass dieser sozusagen ums Eck erhaltene diskriminierende Sprachgebrauch mit einem Zeichen versehen wird, das eindeutig auf ihn hinweist: mit dem Hier-wird's-lustig-Zeichen, dem Smiley. Zum Lachen ist das nicht, vielmehr kommen da auch braune Assoziationen aus dem Politikbereich auf. (Irene Brickner, derStandard.at, 8.10.2011)