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Armin Thurnher hat sich in seinem jüngsten Falter-Leitartikel über jene Kommentatoren aufregt, die die Korruptionskandale mit der Inseratenaffäre von Werner Faymann gleichsetzen. Das sei, schreibt Thurnher, „für sich betrachtet, schon wieder ein Skandal“.

Möglicherweise hat sich Thurnher auch auf meinen jüngsten Blog zu diesem Thema bezogen. Schließlich habe ich habe geschrieben, die Art und Weise, wie Faymann mit dem Einsatz öffentlicher Mittel (nämlich Inseratenaufträge an Boulevardblätter) seine persönliche Karriere und Macht gefördert hat, sei ärger als jede bisher berichtete Korruption.

Nach der Lektüre der heutigen Presse bin ich davon noch viel mehr überzeugt.

Korrupte Beamte sind ein ganz schlimmes Übel in einer Gesellschaft, und korrupte Spitzenpolitiker noch mehr.  Der direkte Schaden dabei – die Bereicherung an öffentlichen Geldern – ist allerdings nicht der größte Schaden, den Korruption verursacht. Schlimmer ist es für ein Gemeinwesen, wenn auf Grund von Bestechung oder Kickbacks Entscheidungen fallen, die nicht im Interesse der Allgemeinheit sind.

Deshalb ist die Korruption so ein Wertvernichter und zieht ganze Länder in den Ruin. Ginge es nur um einen Vermögenstransfer, dann wäre am Ende gleich viel da wie zuvor. Aber durch Korruption werden massive Ressourcen vergeudet und Investitionen nicht getätigt, die Wirtschaft wächst nicht oder schrumpft . Am Ende sind alle ärmer, selbst der korrupte Beamte/Politiker, als sie es ohne jede Korruption wären.

Deshalb erscheint mir auf den ersten Blick die  mutmaßliche Vorgangsweise von Ex-Verkehrsminister Hubert Gorbach, der für eine Zahlung von 600.000 Euro für seine Sekretärin die Universaldienstverordnung den Wünschen der Telekom angepasst haben soll, schlimmer als das, was derzeit über Karl-Heinz Grasser bekannt ist. 

Selbst wenn die Immofinanz die Buwog durch die Indiskretionen seiner Freunde etwas günstiger erworben hat, ist der volkswirtschaftliche Schaden lang nicht so groß, wie wenn private Telekom-Anbieter weniger Chancen im Wettbewerb gegen die Telekom haben und dadurch insgesamt die Telefonkosten für alle Österreicher steigen.

Aber selbst eine solche Fehlschaltung in der staatlichen Regulierung eines wichtigen Sektors ist nicht so schlimm wie ein direkter Machtmissbrauch.

Wenn es stimmt, dass der erste Mann in unserer Regierung sich an die Spitze gedient hat, indem er sein jeweiliges Amt (Wohnbau-Stadtrat und Verkehrsminister) dazu genutzt hat, um sich durch öffentliche Gelder die Zuneigung der Boulevardmedien zu erkaufen – oder im Fall "Österreich" seinem alten Freund Wolfgang Fellner das wirtschaftliche Überleben sichert und dafür speichelleckerische Schlagzeilen und Kommentare erhält - , dann geht das an die Fundamente unserer Demokratie.

Und wenn es stimmt, dass Faymann drei Vorstände des Staatsunternehmen Asfinag gefeuert hat, weil sie nicht bereit waren, seine sitten- rechtswidrigen und Forderungen zu erfüllen, dann kann man unseren Bundeskanzler mit Wladimir Putin und anderen Autokraten gleichsetzen.

Die zwei Millionen Euro, die die Ablöse von Christian Trattner, Franz Lückler und Mathias Reichold, von denen zumindest die ersten beiden als ausreichend kompetent galten, gekostet haben, ist hier noch der geringste Schaden. Dazu kommen die Millionen an sinnlosen Inseraten.

Am schlimmsten aber ist es, wenn Vorstände von Aktiengesellschaften der Politik willfährig werden, weil sie sonst um ihren Job fürchten müssen. Dann werden Fehlentscheidungen getroffen, die in die Milliarden gehen.

Und auch wenn Faymann die drei nicht in den Gulag geschickt hat, steht hinter der vorgeworfenen Vorgangsweise eine zutiefst stalinistische Mentalität.

Mit Leuten wie Grasser sollten wir nicht leben müssen. Aber ein gewisses Maß an Korruption – meist zum Zwecke der Parteienfinanzierung - ist in Demokratien leider unvermeidlich. Es ist kein Zufall, dass kaum ein Rüstungsgeschäft irgendwo in der Welt ohne solche Vorwürfe abläuft.

Grasser ist heute Privatmann und wird von der Staatsanwaltschaft als Beschuldigter geführt. Ich würde so viele andere hoffen, dass es zu einer Anklage, zu einem Prozess und - wen die Beweise ausreichen - zu einem Schuldspruch kommt.

Faymann ist Bundeskanzler.

Wenn sich die Vorwürfe gegen ihn weiter erhärten – mit oder ohne parlamentarischen U-Ausschuss -, dann wird der Kanzler untragbar. Das müsste eigentlich auch Armin Thurnher erkennen.