Wenn Erwachsenwerden bedeutet, dass man an Größe zugelegt hat und dabei auch noch irgendwie geerdet wurde, dann ist der Kia Picanto jetzt erwachsen. Bei diesem Kleinwagen aus Korea sitzt irgendwie alles richtig, und, besonders wichtig, er gibt nicht vor, etwas anderes zu sein als ein praktisches Zwergenfahrzeug.

Foto: Christian Fischer

Das trifft auch für den Preis des um sechs Zentimeter auf 3,6 Meter verlängerten Rattlers zu: Designmäßig hat er das Billigimage erfolgreich abgeschüttelt, dabei aber ein Preis-Leistungs-Verhältnis erhalten, das sich nicht zu verstecken braucht. Der Benziner mit 69 PS mit fünf Türen beginnt bei neuntausend Euro und tastet sich dann zügig hinauf.

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Geld in die Hand nehmen sollte man allenfalls für eine ordentliche Soundmaschine, denn das mitgelieferte Stereogerät ist eine Pein, die durch den serienmäßigen USB-Anschluss an der Mittelkonsole nicht kompensiert werden kann. Das ist zwar für ein Automobil nicht kaufentscheidend, aber ein bisschen Ohrenkomfort sollte sich der Mensch schon gönnen.

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Untadelig hingegen sind Fahrwerk und Fahrverhalten. Straff, scharf und direkt, wie es sich für rasche Beschleunigung im Stadtverkehr gehört, ohne gleich zum Radaubruder zu werden. Letzteres gilt sogar für Überlandfahrten, wenngleich hier natürlich etwas Entscheidendes abgeht, das man sich auch nicht einfach dazukaufen kann: der sechste Gang.

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Diesen Mangel, wenn man es so nennen will, hat er freilich mit einigen Kleinwagengenossen gemein, die meisten staubt der Kia aber bravourös ab. Denn viele dieser unter dem Mäntelchen "Eco" gedrosselten Sparzwerge sind, mann verzeihe den Untergriff, gewissermaßen kastriert.

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Sie locken mit sportlicher Optik und tiefergelegtem Fahrwerk, bringen aber nicht wirklich viel zusammen, ohne dabei zu echten Brüllern zu werden, weil man die meiste Zeit (zu) hochtourig herumkurvt. Das Fünfganggetriebe des rundum überarbeiteten Picanto hingegen ist vergleichsweise gut abgestimmt und spritzig. Start-Stopp-Automatik gibt es nur im Topmodell des agilen Koreaners.

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Und wie es sich für ein sparsames Gefährt der Kategorie Frauenauto gehört, ist auch das Interieur tadellos und zweckmäßig, riecht aber dennoch nicht 300 Kilometer gegen den Wind nach Billigplastikbox. Die sechs Zentimeter Verlängerung wurden zumindest optisch gut genützt. In der Praxis sitzt es sich auf den hinteren Plätzen aber nach wie vor ziemlich eng. Aber was soll's, Platz ist in der kleinsten Hütte.

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Stichwort Damenfahrrad: Das beheizbare Lenkrad ist schlicht dekadent. Mit Klimaanlage, ebenfalls serienmäßig, gibt es wenigstens genügend und gute Luft, und man transpiriert gedrosselt vor sich hin. Diese Gefahr ist aber jetzt ohnehin gebannt, denn nun hat selbst der teils verregnete Sommer bemerkt, dass schon der Herbst übers Land zieht.

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Mit dicken Wintermänteln und Daunenjacken bewaffnet wird es hinten im kleinen Bruder des Venga natürlich noch ein wengerl enger.

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So gesehen ist es natürlich blöd, dass man auf den ganz flach zusammenklappbaren Rücksitzen nicht mehr sitzen kann. Dafür wird mit wenigen Handgriffen der Kofferraum von mickrigen 200 auf fast 900 Liter aufgeblasen und bietet doch für mehr als eine Einkaufstasche Platz. (Luise Ungerboeck/DER STANDARD/Automobil/07.10.2011)

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