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Peter Pilz:" Niemand wird sich um den Vorsitz bemühen, weil das unglaublich viel Arbeit ist."

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Welche Affären der Nationalrat untersuchen wird.

Grafik: DER STANDARD

"Eine Ausschusssabotage wie von Maria Fekter werden wir uns mit Sicherheit nicht mehr bieten lassen", sagt Peter Pilz, Sicherheitssprecher der Grünen. Als Fraktionsführer wird er mit Gabriela Moser den U-Ausschuss für die Grünen bestreiten. Wen die Grünen für den Vorsitz nominieren sei noch nicht beschlossen, erklärt Pilz. Über den Zeitplan für den U-Ausschuss, das geplante Volksbegehren der Grünen und die mediale Öffentlichkeit der Ausschüsse sprach er im derStandard.at-Interview.

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derStandard.at: Die Parteien haben sich nun auf sechs Themen im U-Ausschuss geeinigt. Hat man sich damit nicht sehr viel auf einmal vorgenommen?

Pilz: Das Parlament ist nicht für den außerordentlich großen Korruptionssumpf von Schwarz-Blau verantwortlich. Was FPÖ und ÖVP in sieben Jahren gemeinsam angestellt haben, das ist ganz schön viel. Das müssen Parlament und Gerichte nun aufarbeiten. Die Justiz kann auch nicht sagen, es ist ihr zu viel. Wir werden dafür nun einige Zeit brauchen. Um den Ausschuss überschaubar zu halten, habe ich gesagt, wir verzichten auf den größten Brocken: Eurofighter. Das müssen wir zu einem anderen Zeitpunkt machen.

derStandard.at: In welcher Reihenfolge sollen die Skandale behandelt werden?

Pilz: Es muss möglichst bald mit den beiden Staatsanwaltschaften geklärt werden, welche Fälle im Sinne der Ermittlungen erst später im U-Ausschuss behandelt werden sollen. Wir wollen die laufenden Ermittlungen nicht stören. So ergibt sich auch der Arbeitsplan.

derStandard.at: Wie lange wird der U-Ausschuss dauern?

Pilz: Möglicherweise ein Jahr. Mir ist wichtig, dass wir ihn wesentlich präziser und effizienter machen, als die vorangegangenen U-Ausschüsse. Dazu braucht es Disziplin und Sachlichkeit der Abgeordneten. Drei Viertel der Zeit ist verbraucht worden durch schlecht vorbereitete und vor sich hin schwätzende Regierungsabgeordnete.

derStandard.at: Wie wollen Sie das verhindern?

Pilz: Indem der Vorsitzende das Recht bekommt, die Abgeordneten darauf hinzuweisen, dass eine Frage schon fünf Mal gestellt wurde. In dem Moment, wo wir feststellen, dass irgendwer von FPÖ oder ÖVP zu verzögern beginnt, werden wir das sofort öffentlich thematisieren und in die Präsidiale bringen. Eine Ausschusssabotage wie von Maria Fekter werden wir uns mit Sicherheit nicht mehr bieten lassen.

derStandard: Ein Untersuchungsausschuss endet automatisch mit der Gesetzgebungsperiode. Wenn also Neuwahlen ausgerufen werden, endet auch der Untersuchungsausschuss. Haben sich mit dem Untersuchungsausschuss die Chancen auf eine Neuwahlen erhöht oder verringert?

Pilz: Wir würden bis zur Wahl noch arbeiten und ein neuer Nationalrat müsste über einen neuen Ausschuss befinden. Zu den Chancen auf Neuwahlen kann ich nur sagen: Ich habe nicht die geringste Ahnung.

derStandard: Ihre Fraktionskollegin Gabriela Moser ist im Gespräch als Vorsitzende. Peter Fichtenbauer von der FPÖ erhebt ebenfalls den Anspruch auf den Vorsitz.

Pilz: Ein freiheitlicher Parteianwalt als Vorsitzender, damit möglichst auf die Hauptkorruptionspartei Rücksicht genommen wird: Das ist undenkbar. Es können nur die Grünen den Vorsitz führen, weil wir die einzigen mit sauberen Händen sind. Ich werde diese Woche gemeinsam mit Gabi Moser und dem Bundesvorstand entscheiden, wer das machen wird.

derStandard.at: Sie würden es auch gerne machen?

Pilz: Niemand wird sich um den Vorsitz bemühen, weil das unglaublich viel Arbeit ist. 

derStandard.at: Werden Rot und Schwarz noch die anstehenden Reformen vorantreiben, wenn sie mit dem Ausschuss beschäftigt sind?

Pilz: Wir werden sie zwingen. Wenn nicht vor Jahreswechsel die schärfsten Gesetze gegen Korruption und Parteibuchwirtschaft eingeleitet sind, dann kommt unser Volksbegehren "Saubere Hände". Dann werden wir die ehrliche Mehrheit in der Bevölkerung gegen die unehrliche Mehrheit in der Politik mobilisieren.

derStandard.at: Was ist konkret mit dem Volksbegehren geplant?

Pilz: Wir planen ein Volksbegehren gegen Korruption und für einen sauberen Neubeginn. Es geht darum, dass illegale Parteienfinanzierung ebenso strafbar wird, wie Spendenwäsche durch die Industriellenvereinigung oder Parteispenden durch öffentliche Unternehmen. Und: Parteibuchwirtschaft soll ebenso strafbar werden. Wenn die Gesetze nicht kommen, dann kommt unser Volksbegehren. Dann kriegt die Regierung von der ehrlichen Mehrheit in dieser Republik einen klaren Auftrag.

derStandard.at: In Deutschland konnten die Bürger im April 2005 erstmals einen U-Ausschuss live im Fernsehen mitverfolgen. Damals sagte Bundesminister Joschka Fischer aus. Warum können wir in Österreich unsere Ausschüsse nicht im live Fernsehen sehen?

Pilz: Wenn es nach mir geht, würde es Live-Übertragungen geben. Wir werden es auch diesmal vorschlagen. Aber Sie werden sehen: Die anderen Parteien scheuen das Licht der Öffentlichkeit. (Katrin Burgstaller, derStandard.at, 3. Oktober 2011)